: Alle Existenzberechtigung geht vom Ehegatten aus
■ Ehe, Trennung, Abschiebung: Rumäninin darf nicht einmal Studium beenden
Eine Ehe ist eine Ehe – Abweichendes regelt das Ausländergesetz. Noch während des Tren-nungsjahres und mitten im Studium soll die rumänische Staatsbürgerin Margareta Prinz die Bundesrepublik verlassen. Weil ihr Studium nach Ansicht der Ausländerbehörde in Ratzeburg keinen aufenthaltsbegründenden Sinn macht. Und – und vor allem – ihr Lebensunterhalt zukünftig vielleicht nicht gesichert sein könnte. „Sozialhilfegefahr“, sagt Behördensprecher Karsten Steffen, „reicht da aus.“
Margareta Prinz ist seit zweieinhalb Jahren verheiratet, seit rund einem Jahr getrennt lebend, erst seit sechs Monaten auch im räumlichen Sinn. 750 Mark monatlich waren ihr vom Ehemann in einem amtsgerichtlichen Vergleich vom Oktober 1995 zugesagt worden – zahlbar, solange die Wohnung gemeinsam genutzt wird. Als freiwillige und befristete Zahlung werde dies von den Behörden angesehen. Als nicht gesichert gilt daher ihr Lebensunterhalt, schreibt die Behörde, solange nicht durch das Familiengericht über konkrete Unterhaltszahlungen entschieden wird. Und so lange will die Behörde nicht mit der Ausweisung warten.
Daß die Lehrerin Margareta Prinz von Rumänien aus ihre Rechte kaum noch wahrnehmen kann, interessiert die Behörde dabei nicht. Und ebensowenig will sie berücksichtigen, daß die heute 48jährige, die seit zwei Jahren an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) studiert, vor vier Jahren aus Gründen Rumänien verlassen hat, die ihr bei einer Rückkehr die Berufsausübung weiterhin unmöglich machen. Wer in einem Drittstaat (nicht-EU-Staat) eine Ausbildung erhalten hat, so wird in der Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung begründet, kann keine Aufenthaltsgenehmigung für eine Ausbildung in einer neuen Fachrichtung erhalten. Grundsätzlich.
„Keinen Spielraum“ meint die Behörde haben zu müssen, und das Ausländergesetz gibt ihr recht. Erst nach vier Jahren „ehelicher Lebensgemeinschaft“ erwirbt der ausländische Ehegatte ein eigenständiges, unabhängiges Aufenthaltsrecht. Und der Anspruch auf Verlängerung einer abhängigen Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht erst qua Scheidung. Sondern bereits dann, wenn die rechtmäßige Ehe als tatsächliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Was für einen „inländischen“ Ehegatten durchaus praktische und finanzielle Vorteile mit sich bringen kann.
Ausnahmen gibt es nur, und erst nach drei Jahren Ehe, „zur Vermeidung einer besonderen Härte“: Wenn den Frauen wegen des Scheiterns der Ehe in ihrem Heimatland „erhebliche Nachteile“ drohen, sie ein Schutzbedürfnis glaubhaft machen können – um Anspruchsrechte geht es auch dabei nicht. Gleiches gilt für eine geplante Gesetzesänderung, die „Härtefälle“ bereits nach einem Jahr anerkennt – weiterhin als Kann-Bestimmung.
Der Antrag von Margareta Prinz auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken wurde ebenso abgelehnt wie der Antrag auf aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. Dagegen hat Margareta Prinz Beschwerde eingelegt. Und lebt nun in einem ausländerrechtlichen Schwebezustand: Sie hat keine Aufenthaltsgenehmigung mehr, nicht einmal eine Duldung. Die aktuellen Schriftsätze ihrer Rechtsanwältin führt sie immer bei sich, falls sie in Personenkontrollen geraten sollte.
Stefanie Winter
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