Bald in Freiheit durch das Internet?

■ Beweise für Unschuld eines Umweltschützers im Netz

Oslo (taz) – Am Montag veröffentlichte die norwegische Umweltschutzorganisation Bellona den Bericht über die russische Nordmeerflotte, der zur Spionageanklage gegen ihren Mitarbeiter Aleksandr Nikitin geführt hat. Der Bericht ist eine umfassende Zusammenstellung der Gefahren, die von fast einhundert ausrangierten Atom-U-Booten, deren Reaktoren und unzureichende Atommülllagerstätten ausgehen – in norwegischer, englischer und russischer Sprache. Um alle Zensurversuche des russischen Geheimdienstes von vornherein wirkungslos zu machen, liegen die Fassungen seit gestern in voller Länge auf der Bellona-Internetseite (http://www.grida.no/ngo/bellona/home/index.htm).

Neben der Information der russischen Öffentlichkeit erhofft sich Bellona eine Widerlegung der Spionageanklage – „weil er mit über 600 offenen Quellenangaben nachweist, daß sich Nikitin nur auf vorher veröffentlichtes Material gestützt, also gerade keine Staatsgeheimnisse zugänglich gemacht hat“, sagt Thomas Nilsen, neben Aleksandr Nikitin und Igor Kudrik Leiter des Bellona-Büros in Murmansk.

Nikitin sitzt seit über sechs Monaten in St. Petersburg in Untersuchungshaft. Diese wurde zuletzt bis zum 6. Oktober verlängert. Nikitin ist nach Paragraph 64 a des russischen Strafgesetzbuches, des „Spionageparagraphen“, angeklagt. Als Höchststrafe droht damit die Hinrichtung durch Erschießen. Reinhard Wolff