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Liverpools Hafenarbeiter streiken seit elf Monaten

■ Dockers werben in Hamburg um Unterstützung beim Kampf um Arbeitsplätze

Schon einmal hatten sich die 500 Liverpooler Dockers durchgesetzt: 1989 wehrten sie sich nach einem englandweiten Hafenarbeiterstreik als einzige erfolgreich gegen die Wiedereinführung der Tagelöhnerarbeit. Damit dies so bleibt, streiken sie wieder – nun schon seit fast elf Monaten. Und bitten weltweit um Unterstützung, derzeit in Deutschland, gestern in Hamburg.

In der Hansestadt erklären sich die Gewerkschaften ÖTV und IG Medien mit den Liverpoolern solidarisch. Sie wollen informieren über den Dauerausstand, seine Ziele und praktische Möglichkeiten auch für hiesige Hafenarbeiter, den Streik zu unterstützen. „Wir bitten nicht um Streikaktionen“, sagte Herbie Hollerhead, Vertrauensmann der Liverpooler Hafenarbeiter. Und: „Wir wollen niemanden in Schwierigkeiten bringen.“

Wenn sich aber auch weltweit in anderen Häfen die Abfertigung von Schiffen, die aus Liverpool kommen und dort von Streikbrechern beladen wurden, um einige Stunden verzögerte, werde der Druck auf die Reedereien stärker. Die wiederum geben den Druck weiter an die Liverpooler Hafenbetriebsgesellschaft MDHC. Sie befindet sich, nach 40 Millionen Pfund Gewinn in 1994, im ersten Halbjahr diesen Jahres mit drei Millionen Pfund im Minus. Eine von acht Reedereien, deren Schiffe regelmäßig Liverpool anlaufen, meidet den Hafen mittlerweile. Eine weitere überlebte den Boykott australischer Hafenarbeiter nicht.

Es sei leichter, sagt Hollerhead, im Ausland um Solidarität zu bitten. Solidarstreiks seien in England verboten und Grund genug für eine Kündigung. Auch die jetzt streikenden Dockers waren fristlos gekündigt worden, als sie sich mit dem Streik von Entlassenen einer ausgegliederten Firma der MDHC solidarisierten. Ihre Arbeitsplätze wurden mit Ungelernten besetzt. Seither stehen die ausgesperrten Arbeiter am Tor zum Liverpooler Containerhafen Posten, leben von 48 Pfund Arbeitslosengeld pro Woche, für jedes Kind gibt es wöchentlich noch 20 Pfund drauf.

Hollerhead ist Vater von zwei schulpflichtigen Kindern. Seine Familie unterstützt, wie alle Dockers-Familien, den Arbeitskampf uneingeschränkt. Das vorerst letzte „Angebot“ der MDHC, 60 Männer wieder einzustellen und jeden anderen mit 25.000 Pfund „abzufinden“, lehnen sie ab. Zumal mit der Abfindung jegliche Rentenansprüche verloren gingen. Aber vor allem, sagt Hollerhead, weil ihre Jobs nicht käuflich seien.

Stefanie Winter

Die Hamburger IG Medien hat ein Spendenkonto zugunsten der Streikenden eingerichtet bei der Bank für Gemeinwirtschaft, BLZ 200 101 11, Konto 12900 231 00 Stichwort „Flying picket“.

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