: Chefarzt Krause beurlaubt
■ Chefpathologe am Krankenhaus Friedrichshain ist wegen Verdachts auf Fehldiagnosen suspendiert. Derzeit läuft Überprüfung von rund 1.000 Präparaten
Wegen des Verdachts, Fehldiagnosen gestellt zu haben, ist der Chefpathologe des Krankenhauses Friedrichshain, Professor Peter Krause, seit drei Wochen vom Dienst beurlaubt. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales läßt derzeit rund 1.000 Präparate von unabhängigen Experten überprüfen, die Krause seit seinem Dienstbeginn im März 1996 untersucht hat. In den pathologischen Abteilungen werden nicht nur Todesursachen festgestellt, sondern auch Befunde untersucht, deren Ergebnisse für die weitere Behandlung wichtig sind.
Krause war zuvor 15 Jahre am Krankenhaus Neukölln als Chefarzt tätig. Auch dort war er umstritten. In seine Verantwortung fällt, daß bis April 1995 dort bei drei Vierteln der Obduktionen versäumt wurde, die Angehörigen über ihr Widerspruchsrecht zu informieren.
Nach seiner Absetzung im November 1995 waren nach Angaben des Personalrats Volker Gernhardt im Keller des Krankenhauses „Tausende Präparate gefunden worden, die nicht befundet worden waren“. Die Krankenhausleitung hatte die Vorwürfe damals dementiert, räumte aber ein, daß viele Befunde nur in einer vorläufigen Kurzfassung vorgelegen hätten. Dies entschuldigte Verwaltungsleiter Dietmar Lotzkat damals mit der Arbeitsüberlastung Krauses.
Doch die war hausgemacht. Von den dreißig AssistenzärztInnen, die in Krauses Abteilung ihren Facharzt machen wollen, ist dies in fünfzehn Jahren nur einer einzigen gelungen: Mona Tawfik, der späteren Ehefrau von Krause. Alle anderen seien durch Mobbing „rausgeekelt“ worden, so Personalrat Gernhardt.
Krause sei zudem „überaus autoritär“. Zwar hatte die Krankenhausleitung mit dem Arzt, der in wenigen Jahren das Pensionsalter erreichen wird, Gespräche geführt, doch das Arbeitsklima in der Pathologie blieb problematisch.
Zum endgültigen Bruch mit der Klinikleitung kam es, als Krause die Bestrebungen seiner Ehefrau unterstützte, sich als Pathologin mit einer Privatpraxis in der Klinik niederzulassen. Die Klinikleitung lehnte diese Teilprivatisierung ab. Tawfik kündigte daraufhin, Krause wurde im November 1995 wegen eines gestörten Vertrauensverhältnisses von der Krankenhauskonferenz abberufen.
Auf Betreiben von Staatsekretär Detlef Orwat wurde Krause nach Friedrichshain versetzt. Dort war im Herbst 1995 der Chefpathologe Gerhard Roschlau von der Krankenhausleitung fristlos gekündigt worden, konnte sich vor dem Arbeitsgericht aber wiedereinklagen. Das Problem wurde dadurch gelöst, daß Roschlau nach Neukölln ging.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Bernd Köppl, kritisierte gestern die fehlende Qualitätskontrolle der Chefärzte. Er forderte Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) auf, die Ergebnisse der Überprüfung offenzulegen. Mit den Ergebnissen wird, wie Hübners Sprecherin gestern mitteilte, in den nächsten Tagen gerechnet. Dorothee Winden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen