■ Kommentare Er ist gut für alle: Ein, zwei, viele Euros
Natürlich sind wir alle für den Euro. Es ist vernünftig, ihn einzuführen, weil Europa immer mehr zum Binnenraum wird. Es ist vernünftig, weil auch die USA ihre Binnenwährung haben, und wer wollte bestreiten, wie gut das dem Land bekommen ist. Es ist auch vernünftig, weil eine einheitliche Währung viele Mißverständnisse abbaut und manche soziale Schweinerei und auch manches Verbrechen verhindert, das mit den unterschiedlichen Umtauschkursen zusammenhängt.
Also her mit dem Euro. Sagen die Politiker, weil sie alle davon träumen, einmal Europa zu regieren. Natürlich träumt das jeder Politiker von sich selbst und nicht von den Kollegen: die aus den großen Ländern, weil sie so stark sind, daß sie automatisch zum Regieren bestimmt sind; die aus den kleinen, weil sie wissen, daß sich die großen gegenseitig blockieren.
Her mit dem Euro. Sagen die Wirtschaftskapitäne, deren Mund bei jedem zweiten Satz das Wort „Globalisierung“ ausstößt und die davon träumen, endlich den Politikern ihre Entscheidungsmächtigkeit abzutrotzen, indem die Ökonomie befreit wird von den Unwägbarkeiten, die in den Wechselkursen liegen. Aber natürlich sehen auch die Wirtschaftsführer den Euro als ihr Geschäft, jeder für sich oder zumindest jede Wirtschaftsregion für sich. Schwach soll er sein, der Euro, sagen die französischen Bauern; hart, sagen die deutschen Industriellen, damit sie ihre Gewinnmargen genau kalkulieren können; flexibel, sagen die Italiener, die die Amerikaner und Japaner und Russen mit günstigen Umtauschkursen ins Land locken wollen.
Her mit dem Euro. Sagen die Gewerkschaften. Denn damit können wir endlich vergleichen, wer wo was verdient und wer mit Tiefstlöhnen die Solidarität der Arbeiterklasse unterminiert. Weil man aber mit allzu klaren Vergleichen auch herausbringen kann, daß die Deutschen ein Vielfaches der anderen Euro-Verdiener nach Hause bringen, wird man dem Euro dann doch lieber eine regionale Vokabel vorschalten: Peseto-Euro oder einen Drachmen-Euro im Gegensatz zur Euro-Mark.
Her mit dem Euro. Sagt auch der Vatikan, dem es schon lange stinkt, daß er seinen Peterspfennig vor allem aus Ländern mit mieser Währung einheimst und hofft, daß bald magere Lire in harte, DM-vergleichbare Euros umzutauschen sind. Aber natürlich will er das Scherflein der Witwe nicht ausschlagen, und so möchte er halt auch lieber all die anderen Währungen noch beibehalten, sein Bankinstitut IOR ist beim illegalen Umtausch und der Spekulation gerne behilflich.
Ein, zwei, viele Euros wird es geben. Wenn dann alle merken, daß es wirklich nur einen gibt und sonst keinen, dann gnade ihm der Herr, dem Euro. Alberto D'Ignazio
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