■ Tour d'Europe: Das fremde Wesen
Nach einer Umfrage des italienischen Rundfunks RAI wissen bis heute nicht einmal 40 Prozent aller EU-Europäer, was der Euro eigentlich genau ist. Die irrigen Mutmaßungen darüber schwanken von der europäischen Bundespolizei (12%) über den Verbund von Schnellbahnen zwischen den EU- Hauptstädten (14%) bis zur europäischen Eingreiftruppe (18%) der diversen Militärs.
Auch über das Datum der Einführung der einheitlichen Euro-Währung gibt es heftige Dissonanzen. Immerhin ein Drittel derer, die den Euro als gemeinsame EU- Währung bezeichnen, meinen, es gebe ihn schon heute (Verwechslung mit dem Ecu), ein weiteres Drittel meint, seine Einführung sei für irgendwann im nächsten Jahrhundert geplant.
Am besten kennen sich in dieser Frage die Deutschen aus (mehr als drei Viertel kompetent), gefolgt von den Engländern (63%) und Franzosen (61%). In vielen Ländern zeigen sich die Regierungen wesentlich interessierter als die Bürger: In Italien etwa sind mehr als 80 Prozent der Politiker der Meinung, daß der Euro eingeführt werden und das Land sofort daran teilhaben soll, während in der Bevölkerung nur etwa 60 Prozent ein zögerndes Ja geben.
Übereinstimmung zwischen Euro- Skepsis der Regierung und der Bevölkerung herrscht vor allem in den nördlichen EU-Staaten (England und Schweden), während in Spanien die Frage des Euro im Bewußtsein bisher überhaupt keine Rolle spielt.
Daß der Euro die jeweils landeseigene Währung eines Tages definitiv verdrängen soll, ist auch jenen, die sich über seine Definition einigermaßen im klaren sind, nicht immer bewußt. Gut ein Viertel von ihnen meint, die Europa-Währung werde lediglich neben der eigenen eingeführt, vor allem um Ausländern böse Überraschungen beim Umtausch zu ersparen und um der Industrie und dem Handel die Geschäfte zu erleichtern. Im Binnenverkehr werde jedoch die bisherige Währung weitergelten. Am besten informiert sind hier wiederum die Deutschen. Nahezu 90 Prozent derer, die wissen, was der Euro ist, wissen auch, daß er die Mark verdrängen soll.
Begrüßt wird der Euro in den Mitgliedsländern der EU bisher von eher schwankenden Mehrheiten. Während gleich nach den Maastricht-Verträgen mehr als 60 Prozent für eine einheitliche europäische Währung waren, sind mittlerweile auch Werte von weit unterhalb der 40 Prozent Zustimmung gemessen worden. Für Abwarten oder gar Draußenbleiben haben sich bisher ausdrücklich nur die Engländer ausgesprochen. Nach allerdings unterschiedlichen Meinungsumfragen wären derzeit auch die Schweden dagegen. In Deutschland ist eine zunehmende Minderheit gegen die ersatzlose Streichung der D-Mark.W. R.
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