„Wie kannst du nur im Ernst an den Euro glauben?“

■ Ein griechischer Bauer verweigert sich der Geldwirtschaft: Kuh gegen Getreide

Dem Fortschritt, erklärt Georgios Theofilos voller Stolz, habe er „seit jeher erfolgreichen Widerstand“ entgegengesetzt. An seine Olivenbäume kommt keine Schüttelmaschine ran, seine Kühe werden mit der Hand gemolken, und gedüngt wird mit dem, was im Stall anfällt. Wohlhabend ist er dennoch, jedenfalls wenn man Leute, die keine Not leiden, als wohlhabend bezeichnen will.

Das Geld, das er über die eigenen Bedürfnisse hinaus verdient, legt er so schnell wie möglich wieder an, nicht etwa in Investmentfonds oder Schatzbriefen, sondern in Vorräten: Getreide, Mais, Trockenfisch, Rauchfleisch. Denn daß irgendwann zu seinen Lebzeiten noch eine Hungersnot eintreten wird, davon ist Georgios überzeugt, schon deshalb, weil „die in Athen die Luft, das Wasser und die Erde so kaputtmachen, daß nichts mehr wächst“. Jedenfalls hat Georgios allen Versuchen seines Neffen Dimitrios widerstanden, Geld in Ecu zu investieren.

Neffe Dimitrios wohnt in Athen und ist Finanzmakler, reich geworden, indem er den Bauern ihre Ersparnisse abschwatzt und in Auslandskapitalien verwandelt, mitunter mit nicht ganz legalen Mitteln. An vielen Orten kann er sich darob nicht mehr sehen lassen, weil er falsch spekuliert hat. Doch bei seiner Verwandtschaft gilt er als gemachter Mann. Und sahnt weiterhin ab – außer bei Georgios.

Anfang diesen Jahres nun versuchte der Neffe ihn auf den Euro einzustimmen und ihn zu bewegen, in den nächsten Jahren Fremdwährungen einzukaufen, die 1999 in die gemeinsame EU-Währung getauscht werden können. Darüber konnte Georgios nur herzlich lachen. „Euro? Währung, Münzen, Geldscheine? Wie kannst du nur im Ernst daran glauben? Siehst du nicht, daß die ganze Welt in die umgekehrte Richtung läuft. Niemand will doch mehr etwas vom Geld wissen. Wir Bauern, was machen wir? Um der galoppierenden Inflation zu entgehen, sind wir doch schon lange zur Naturalienwirtschaft zurückgekehrt, und immer mehr Leute tun es ebenso. Wenn ich eine Kuh verkaufe, nehme ich dafür nicht Drachmen, die nur mehr die Hälfte wert sind, bis ich zu zu Hause bin, sondern 20 Doppelzentner Getreide, aus dem ich dann den doppelten Wert der Kuh heraussäen kann.“

Neffe Dimitrios schüttelte den Kopf. „Die Welt wird doch seit langem nicht mehr von euch Bauern bewegt, sondern von den Leuten in der Stadt, der Industrie, den großen Banken.“ Aber da kam er erneut an den Richtigen. Zeitunglesen nämlich kann Georgios, und er versteht auch, was drinsteht. „Die Städter, was machen die? Ich habe neulich einen Artikel gelesen, daß immer mehr Geld gar nicht mehr echt existiert, sondern in elektronischen Autobahnen hin- und hersaust. Und die großen internationalen Geschäftemacher, die benutzen längst kein Geld mehr und keine Währungen. Drogenhändler lassen sich in Form von Maschinenpistolen oder Panzern bezahlen, die sie dorthin verschieben, wo die Anbaugebiete des Rauschgifts sind, und bekommen von dort wieder Rauschgift geliefert. Und da kommst du mir mit dem Euro.“

Neffe Dimitrios, so erzählt Melissa, Georgios Frau, „fiel minutenlang nichts mehr ein“. Und Bauer Georgios Theofilos nahm in aller Ruhe seine Heugabel, ging auf die Tenne und begann mit dem Umwenden des Getreides. Andrea Triantafilopolos, Olympia