: Zähneputzen ohne Überdruck
■ Eine kleine Edelstahlfeder aus der Kleinstadt Pleinfeld schont das Zahnfleisch und schafft Arbeitsplätze
Nürnberg (taz) – Neun Milliarden Zahnbürsten werden pro Jahr in der ganzen Welt verkauft. Eine Milliarde davon sind in den USA im Einsatz, 200 Millionen machen sich an italienischen und immerhin 170 Millionen an deutschen Zähnen zu schaffen. Und das oft mit Nebenwirkungen. Etwa jeder vierte Deutsche ist zahnputzgeschädigt.
Das soll nun eine Ende haben. Für den 54jährigen Herbert Haiduk aus der mittelfränkischen Kleinstadt Pleinfeld war ein Zahnarztbesuch mit einschlägigen Folgen das Schlüsselerlebnis. Der Ingenieur entwickelte eine Zahnbürste, die den gröbsten aller Putzfehler ausschließt: Es wird oft mit zuviel Druck auf Zähnen und Zahnfleisch gearbeitet.
Eine simple Edelstahlfeder hilft, den Schaden zu vermeiden. Angebracht zwischen Griff und Bürstenkopf begrenzt sie den maximalen Druck auf 271 Gramm. Dabei biegt sie bis zu 2,5 Zentimeter durch. Zugleich wird damit der Bürstenkopf in alle Richtungen beweglich, so daß die 3.000 Einzelborsten den Zahnbelag wirksam beseitigen.
Die International Health Care Foundation (IHCF) hat Haiduks Konstruktion bescheinigt, daß sie alle Anforderungen erfüllt, die heute von der Zahnmedizin gestellt werden. Zudem trägt das Instrument das Umweltsiegel. Der Bürstenkopf ist austauschbar, auf den Kunststoffgriff und die Edelstahlfeder gewährt Haiduk zwei Jahre Garantie. Die ganze Zahnbürste ist voll recycelbar, selbst die Verkaufspackung kann als Wandhalterung für Bürste und Putzbecher verwendet werden. Zur Reinigung kann man die komplette Bürste einfach in die Spülmaschine stecken. Für den Erfinder ist die „haipa dent“, wie er sie getauft hat, nicht nur eine „Revolution auf dem Zahnbürstenmarkt“, sie hilft auch jährlich mehrere Tonnen Kunststoffmüll zu vermeiden.
Technisch hatte Haiduk seine Erfindung schnell im Griff. Die nationale und internationale Patentierung, die Suche von Herstellern und vor allem der Aufbau der Vertriebswege dagegen dauerten ganze zwei Jahre. Zusammen mit seinem Kompagnon Horst Pawliczki hat Haiduk schließlich die „Doppelkopf Zahnbürsten GmbH“ gegründet. Derzeit werden 2.000 „haipa dent“-Bürsten pro Tag gefertigt. Schon ab Mitte Oktober sollen es 5.000 sein, und 1999 soll die Höchstauslastung von 63.000 pro Tag erreicht sein. 170 Jobs werden dann entstanden sein. Heute sind es 22 Arbeitsplätze, die, wie Haiduk betont, „aus dem Nichts geschaffen“ wurden.
Für zwanzig Mark ist die „Haipa dent“ inklusive fünf Wechselbürsten in Apotheken erhältlich. Das wird auch zukünftig so bleiben, denn für das Supermarktsortiment ist sie zu teuer. Doch angesichts sinkender Leistungen der Krankenkassen und häufigen Zahnputzschäden ist Haiduk sicher, daß seine Erfindung sich durchsetzt: „Das kommt langsam, aber sicher.“ Bernd Siegler
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