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Schwarze nicht nach Gröpelingen

■ Amt für Soziale Dienste verbot einem Togoer den Umzug

Abdul H. (Name von der Redaktion geändert) traute seinen Augen nicht, als er den Bescheid vom Amt für Soziale Dienste, Abteilung Süd, vom 29. Juli las. Die Behörde wollte dem anerkannten Asylbewerber den Umzug nach Gröpelingen verbieten. Grund: „Es ist auf eine gemischte Struktur der Wohnbevölkerung hinzuwirken.“ „Mit anderen Worten: Schwarze dürfen nicht nach Gröpelingen ziehen“, empört sich Matthias Brettner vom Anti-Rassismus-Büro, an das sich Abdul H. gewandt hat. Auch H.'s Anwalt, Günter Werner, findet die Begründung des Amtes „skandalös“. „Das verstößt klar gegen das Grundgesetz und ist rechtlich überhaupt nicht haltbar.“ Werner hat zwischenzeitlich Widerspurch gegen den Bescheid eingelegt.

Diesem Widerspruch ist gestern unverzüglich stattgegeben worden. Abdul H. darf nach Gröpelingen ziehen. Auch die Miete von 525 Mark (75 Mark mehr als die Miete für die alte Wohnung) zahlt das Amt, weil Abdul H. zur Zeit eine Ausbildung als Maschinenschlosser macht.

„Das ist ein ganz unglücklicher Fall“, gibt Amtsleiter Friedhorst Kriebisch unumwunden zu. „Der Sachbearbeiter hat die Verwaltungsanweisung des Senators für Soziales zum Bundessozialhilfegesetzes schlicht und einfach falsch interpretiert.“ Die Verwaltungsanweisung sei im Gegenteil nämlich dazu da, „Ghettos zu verhindern“. „Wir können Wohngeldempfänger auch in Schwachhausen unterbringen, und zwar auch wenn die Zahlung des Wohngeldes wegen der höheren Mieten überschritten wird“, erklärt Kriebisch.

Auch dafür, warum der Sachbearbeiter diesen „an sich gutgemeinten Gedanken“ nicht nachvollziehen konnte, hat er eine Erklärung. „Wir haben hier 30.000 Fälle und meterlange Verwaltungsvorschriften. Das da mal etwas falsch interpretiert wird, liegt in der Natur der Sache.“

Für Abdul H. ist die späte Umzugsgenehmigung ein schwacher Trost: Er hatte seine Wohnung zum 31. Juli gekündigt, weil sie – wie selbst das Amt für Soziale Dienste einräumt – wegen Ungezieferbefalls unbewohnbar geworden war. Der Mietvertrag für die neue Wohnung datiert vom 1. August. Wegen des Umzugsverbots konnte H. jedoch nicht in die Wohnung zu ziehen. Nach Angaben des Anti-Rassismus-Büros wurde H. daraufhin obdachlos.

Für eine schriftliche Entschuldigung sieht Amtsleiter Kriebisch dennoch keinen Grund. „Wir haben ihm die Sachlage heute erörtert. Ich nehme an, daß die Sachbearbeiter ihm auch gesagt haben, daß das alles nicht so gemeint war. Ich will dem gern noch mal nachgehen. Aber ansonsten ist die Sache für mich erledigt.“

kes

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