: Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 42
Später wurde Zensor in ein französisches Gefängnis eingewiesen. Das interessierte niemanden in Frankreich und auch nicht in St. Georg. Als Zensor verhaftete wurde, fanden die Bullen einen Placken Hasch. Einer hat's ihm gesteckt. Das macht man so mit Touristen. Auch in Asien. Zensor ging auf eine lange Zeit in Vollpension. Besser als Brot. Besser als Wasser. Mit einem Job in der Buchbinderei. Verbrechen zahlt sich doch immer wieder aus.
Irgendwann muß ja auch mal Schluß sein
Der einzige Zeuge sagt zu spät aus. Brook wird steif wie ein Gewehrlauf. Und Jean Vautrin hat für Bücher schon immer das bessere Ende geschrieben.
Mit einem Schlag war alles zu Ende. Es blieb Brook nicht einmal mehr der Triumph mit einem spannenden, obzessiven, bedrohlichen, aggressiven, irrlichternden Finale seinen Fall abzuschließen. Von wegen Seltsamkeiten, Intrigen, Widrigkeiten im sozialen Umfeld St. Georgs oder in diesem Hinterhof. Kein Blaulicht. Keine Handschellen. Kein Halt-bleiben-Sie-stehen-oder-ich-schieße!
Kein Stolz in Brook. Brook wartete nur auf die Aussage von Afram: Das war er Afram schuldig; schon aus therapeutischen Gründen. Und er hörte nicht, wie sich die Tür öffnete, wie ihm ein schwacher Luftzug in den Nacken fuhr, der Atem von Afram.
„Es war Poller und ...“, Afram schnappte nach Luft. Die Luft schnappte nicht zurück. „Und Glatter!“ ließ Brook den Mund von Afram zuschnappen.
Nur sehr wenige Menschen haben wohl jemals so einen Blick zugeworfen bekommen wie Brook jetzt von Afram. Steif wie ein Gewehrlauf sagte Brook: „Vergessen wir die Geschichte doch einfach, ja? Das ist so ungefähr das Beste, was jeder von uns tun kann. Werde und sei Afram, und ich sehe zu, daß ich wieder zu meinen Spatzen im Hinterhof, meiner verlorenen Zeit und auf den Friedhof zu Blond komme, die ich mit der ganzen Angelegenheit fast schon vergessen hatte. Lassen wir es dabei bewenden. Für den Fall, daß du noch was zu sagen hast, sprich jetzt!“
Afram hatte ihn aufgerissen, seinen Mund. Sein Blick saugte sich an Brooks Augen fest wie ein Blutegel. Spannung trat in sein Gesicht. Seine Gesichtshaut schien sich hinter die Ohren zurückzuziehen. Er wollte Antworten.
Aber Brook wollte endlich das Ende. Egal! Er griff nach einem Buch von Jean Vautrin. Er schlug die letzte Seite auf. Er las den letzten Satz aus lauten Hals: „Schon begriff Bellanger nur noch Bahnhof. Hundertprozentig Bahnhof.“
ENDE
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