: Warten auf den Mann mit dem Plastikbeutel
■ Zeitcodierungen am Tresor und Videotechnik schrecken immer mehr Bankräuber ab. Supermärkte sind nach Meinung eines Sicherheitsexperten „der ideale Überfallort“
„Geldbestände durch Zeitschloß gesichert.“ Solche Aufkleber zieren immer mehr Sparkassen- und Bankschalter. Sie sollen signalisieren, daß die Angestellten nicht jederzeit Zugriff auf die begehrten Scheinchen haben. Mit Zeituhren versehene Tresore, die nur mit einem Code und einem Masterkey aktiviert werden können, sollen den „Minutenraub“ verhindern. Meist ist die Geduld der Bankräuber schneller zu Ende als der Zeitcode.
Der Pressesprecher der Deutschen Bank, Gunter Knorr, gibt sich wie die meisten seines Metiers verschlossen wie ein Safe. Außer daß zeitverzögerte Schränke „eine große Rolle spielen“, ist ihm nichts zu Sicherheitsstandards zu entlocken. „Wir wollen niemanden ermutigen“, so seine Begründung. Eine Sprecherin der Landesbank Berliner Sparkassen bricht ein offenes Geheimnis, wenn sie sagt, daß das Personal angewiesen werde, „allem Folge zu leisten, was der Bankräuber will, und nicht aufs Geld zu gucken.“
Um von vornherein brenzlige Situationen für die Angestellten auszuschließen, gibt es Sicherheitsstandards, die Gesetzescharakter tragen. Seit 1966 führt die Verwaltungsberufsgenossenschaft Untersuchungen über das Raubüberfallgeschehen in Banken durch. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind in den „Richtlinien zur sogenannten Unfallverhütung“ zusammengefaßt. Der oberste Grundsatz des mit dem BKA und LKA ausgearbeiteten Regelwerks lautet: „Zum Schutze der Versicherten sind die Banknoten so zu sichern, daß der Anreiz zu Überfällen nachhaltig verringert wird.“
Wurde früher mehr „die Außenhaut“ gesichert, erklärt Udo Flowerday von der Berufsgenossenschaft mit Sitz in Hamburg, verlagere sich der Schutz seit den neuen, seit 1988 geltenden Richtlinien zunehmend ins Innere. Ob zeitschloßgesicherte Kassenschränke, automatische Tresore oder Videokameras – die Technik soll dem Täter deutlich machen, „es hat keinen Sinn, eine Bank zu überfallen“, so Flowerday. „Das Aufregendste“ sind nach Angaben von Theodor Lösch von „Cash-Security“, einer Vertriebsgesellschaft für Sicherheitstechnik, die „stillen Alarmaufschaltungen“, bei denen sich automatisch Videokameras einschalten. „Man merkt nix davon“, so der Sicherheitsexperte.
Nach seiner Einschätzung sind Supermärkte der „ideale Überfallort“. Weil die Kassen im Ausgangsbereich liegen, sei man schnell wieder draußen. Außerdem mache das mehrmalige Einsammeln des Geldes aus den verschiedenen Kassen durch das Personal einen Raub einfach. „Wenn Sie wirklich wollen“, so Lösch, „warten Sie auf den Mann mit dem Plastikbeutel, der Ihnen das Geld einsammelt.“ Während von den knapp 10.000 Raubtaten im letzten Jahr knapp 70 Überfälle auf Banken und Sparkassen entfielen, wurden sonstige Zahlstellen und Geschäfte mehr als 500mal überfallen. Barbara Bollwahn
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