: Museumsturm statt Turmhotel
Öko-Museum im Schanzenturm begrüßt / Finanzierungskonzept fehlt noch ■ Von Heike Haarhoff
Wenn's ums Geld geht, und dann auch noch um ein Finanzierungskonzept für den seit Jahren leerstehenden Wasserturm im Sternschanzenpark, sind die Damen und Herren im Kerngebietsausschuß (KGA) Eimsbüttel unerbittlich. Geschlagene zwei Stunden drängte die rot-grün-schwarze Lokalpolitiker-Combo am Montag abend die Vertreter der B & O Consulting Systems Unternehmens- und Anlageberatung, offen darzulegen, wie und mit wem sie ihr „Naturkunde- und Ökologiemuseum“ im Wasserturm zu bezahlen gedenken.
Denn darüber, daß ein solches öffentliches Museum Hamburgs Kulturlandschaft, dem Schanzenviertel und auch dem denkmalgeschützten Monument besser zu Gesicht stünde als das vom Investor vorgeschlagene, private 180-Zimmer-Hotel einer französischen Kette (taz berichtete), ist man sich längst einig. Sieben naturkundliche Sammlungen aus dem Universitätsfundus, die seit 50 Jahren in verschiedenen wissenschaftlichen Instituten wenig beachtet vor sich hinstauben, könnten im Wasserturm „zentralisiert“ werden. Und kämen auf den insgesamt 9700 Quadratmetern Nutzfläche (ca. 13 Etagen) endlich zur Geltung. Die Wissenschaftsbehörde hat bereits signalisiert, wissenschaftliches Personal zur Betreuung der Sammlungen in den Wasserturm zu „delegieren“.
Damit der Museumsbesuch „zum Erlebnis wird“, schlägt B & O vor, in den unteren Stockwerken Stadtteil-Cafés, eine Bibliothek und flexibel nutzbare Räume für Sonderausstellungen oder Diskussionsveranstaltungen einzurichten. Unterm Dach wollen sie Büroraum „mit attraktiver Sicht über die Stadt an Anwälte, Planer oder Architekten“ vermieten.
Bleibt nur die Frage: Woher das Geld nehmen, damit das Projekt auf die Beine kommt und anschließend nicht zur Pleite wird? B & O-Unternehmensberater Peter Bendfeld bat den KGA um Geduld: „Spätestens in einem Monat“, versprach er, „nenne ich Ihnen Roß und Reiter.“ Derzeit könne er nur „versichern, daß das Museum ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand“ eingerichtet werde. Der Umbau des Turms koste nicht mehr als 30 Millionen Mark. Entsprechende Untersuchungen und „Festpreisangebote“ einer Baufirma lägen vor.
Zur Finanzierung des Umbaus sei eine Grundstücksgesellschaft (Kommanditgesellschaft) zu gründen. Träger des Museums wäre ein privates Wirtschaftsunternehmen in Form einer Stiftung „namhafter Persönlichkeiten, Vereine, Organisationen und Unternehmen“. Diese müsse der Grundstücksgesellschaft einen jährlichen Mietzins (6 bis 8 Prozent) garantieren. Stadt und Universität sollten im Museumsbeirat sitzen und so inhaltlich mitbestimmen können. Die Unternehmensberater gehen optimistisch von 600.000 BesucherInnen des Naturkundemuseums jährlich aus und der Bereitschaft, acht bis zehn Mark Eintritt zu zahlen. Im nationalen Städtevergleich liege Hamburg mit durchschnittlich 0,8 Museumsbesuchen pro Einwohner und Jahr weit hinter München (3,6), Karlsruhe (2,8) und selbst Bremen (2,0) zurück. Das müsse sich ändern. „Ob Leute ins Museum gehen, liegt auch an Präsentation und Angebot“, so Bendfeld.
Der Kerngebietsausschuß blieb skeptisch: Die Kunsthalle sei mit 466.000 Gästen jährlich das am besten besuchte Museum Hamburgs, „da sind die 600.000 veranschlagten schwierig nachzuvollziehen“, so die CDU-Abgeordnete Birgit von Klinggräf. Und GALier Heinz Bauske gab zu bedenken, daß der Münchner Investor Joachim-Ernest Storr „als Eigentümer des Wasserturms im Prinzip alles machen kann, was er will“. Denn beim Verkauf des Turms vor sechs Jahren verzichteten Stadt und Bezirk gutgläubig darauf, Storr vertraglich an seine Nutzungszusagen zu binden – baurechtlich steht der Hotelnutzung nichts mehr im Wege.
Insofern hilft nur Hoffen, daß die euphorischen Unternehmensberater bei der KGA-Sitzung am 30. September eine solide Finanzquelle beim Namen nennen und anschließend so viel Überredungskunst besitzen, den Investor von seinen Hotel-Plänen abzubringen.
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