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Koalitionäre Disharmonien um Justus Frantz

■ Wirtschaftsressort saß Wochen auf Anträgen von Konzertveranstaltern / Mehrheiten ungewiß

Justus Frantz sorgt für reichlich politische Disharmonien. Nachdem die taz gestern berichtete , daß Wirtschaftssenator Hartmut Perschau bei den Wirtschaftsförderungsausschüssen beantragt habe, drei Justus-Frantz-Konzerte mit 250.000 Mark aus Mitteln der Wirtschaftsförderung zu bezuschussen, sind sowohl PolitikerInnen aus der Opposition als auch aus der SPD in Rage. Nun könnten am Ende die Konzertveranstalter auf einem Berg Schulden sitzenbleiben. Die Grünen haben gestern schon angekündigt, daß sie gegen die Anträge stimmen werden. Die AfB will nicht zustimmen, so lange nicht geklärt ist, warum die Vorlagen so spät gekommen sind – im Falle des Frantz-Konzerts auf der Bremer Galopprennbahn gar erst nach dem Ereignis. Und der Abgeordnete Detmar Leo findet es „schon sehr dreist, wenn 50 Prozent der Kosten vom Staat übernommen werden sollen.“ Unterdessen wurde bekannt, daß die Anträge von Konzertveranstaltern auf staatliche Zuschüsse trotz des Termindrucks wochenlang beim Wirtschaftssenator geschmort haben, ohne daß ein Parlamentarier sie je zu Gesicht bekommen hätte.

Justus Frantz hatte gemeinsam mit der Veranstaltergemeinschaft (u.a. Trompetenakademie Werder, Glocke GmbH und der Konzertveranstalter KPS) Anfang Juni beim Wirtschaftssenator den Antrag gestellt, der möge die Hälfte der Kosten eines dreiteiligen Konzertzyklus übernehmen. Die Zeit drängte gleich aus zwei Gründen. Erstens sollte das erste Konzert, die „Last Night of the Proms“, auf der Galopprennbahn schon am 23. August stattfinden. Und zweitens war für die letzte Juniwoche die letzte Sitzung der Wirtschaftsförderungsausschüsse vor der Sommerpause angesetzt, desjenigen Gremiums, das über die Mittelvergabe zu entscheiden hat. Drei Wochen hatte das Wirtschaftsressort Zeit, sich eine Meinung zu bilden und eine Vorlage für die Parlamentarier zu schreiben. Doch Frantzens Antrag blieb in der Schublade. Der steht erst auf der Tagesordnung für heute.

„Es kann schon sein, daß es da Verzögerungen gibt“, erklärte gestern ein Sprecher des Wirtschaftsressorts. Die Anträge müßten eben sorgfältig geprüft werden, und wegen solcher Anträge könne man nicht extra eine Sondersitzung einberufen. „Man muß auch mal fragen, warum die Anträge nicht vor einem Jahr gestellt worden sind. Das wäre der ideale Zeitraum.“

Nicht ideal ist auch der Zeitraum, in dem ein zweiter Kultur-Finanzierungsantrag gestellt worden ist, der ebenfalls heute verhandelt wird: „Stomp“ ist ein vielbeachtetes Musik-Event aus New York, das im Rahmen des „Musikfestes“ an acht Abenden über die Bühne des „Pier 2“ gehen soll. Eigentlich, so haben die Grünen gestern angemerkt, wird das Musikfest ohnehin mit 800.000 Mark staatlich bezuschußt. Trotzdem stellte die Agentur „Concerto“, die Stomp unter Vertrag hat, einen Antrag beim Wirtschaftssenator – über eine „Fehlbedarfsfinanzierung“ von bis zu 150.000 Mark, falls die ZuschauerInnenzahlen hinter den Erwartungen zurückbleiben sollten. Monatelang – durchaus im idealen Zeitrahmen – hatte sich Concerto um staatliche Hilfe bemüht. Schließlich habe man dem Musikfest Einnahmen garantieren müssen, sagte gestern Concerto-Gesellschafter Hermann Pölking-Eiken. Erfolglos, der Wirtschaftssenator hat alle Anträge abgelehnt. Vor rund acht Wochen aber habe er neuen Mut geschöpft: „Wir haben uns erst getraut, als wir gehört haben, daß Frantz auch Geld kriegt.“ Ob die Fehlbedarfsfinanzierung überhaupt in Anspruch genommen werden muß, das ist eher fraglich. Der Vorverkauf für Stomp läuft blendend. „Wirtschaftsförderung nach Gutsherrenart“ nennt die Grünen-Abgeordnete Helga Trüpel den Umgang mit dem Frantz-Antrag. „Die Grünen werden die Vorlage ablehnen, weil eine solche Praxis die Vollkaskomentalität von Veranstaltern fördert.“ Und der SPD-Abgeordnete Detmar Leo sieht in dem Versuch der Frantz-Veranstalterriege, 50 Prozent der Kosten vom Staat zu bekommen, einen „dreisten Anspruch“, zumal die vorgelegte Kalkulation der Veranstalter „dürftig und überhaupt nicht nachvollziehbar“ sei.

Und Leo bringt das Finanzierungsbegehren seines Koalitionspartners aus dem Wirtschaftsressort noch in einen ganz anderen Zusammenhang: Justus Frantz soll schließlich bei der Festveranstaltung zum 50jährigen Bestehen der Bremer CDU umsonst gespielt haben, sagt der Parlamentarier. Und er fragt, ob die Förderung nun das Gegengeschenk sei. Frantzens Konzert für die CDU war tatsächlich umsonst, bestätigte gestern ein CDU-Sprecher. Und ein zweiter Künstler ist dort auch für Lau aufgetreten: Otto Sauter, Leiter der Trompetenakademie Werder. In der Veranstaltergemeinschaft für die Frantz-Konzerte findet sich auch – die Trompetenakademie. J.G.

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