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Die Hoffnung auf einen Schritt nach vorn

Im ostböhmischen Poliçka endet heute das erste deutsch-tschechische Jugendtreffen. Die Jugendlichen erwarten von den Politikern mehr als nur Gelder für gemeinsame Projekte  ■ Aus Policka Katrin Bock

Das erste deutsch-tschechische Jugendtreffen geht heute im ostböhmischen Städtchen Poliçka zu Ende. „Auf zwei Jugendliche kommt hier ein Journalist“, beschwerte sich gestern ein Teilnehmer. Doch trotz der massenhaft vertretenen und zum Teil aufdringlichen Pressevertreter nutzten die über 220 Jugendlichen aus Deutschland und Tschechien die Chance zum Kennenlernen und Diskutieren.

„Ich bin hier, weil mich die Gedanken der deutschen Jugendlichen interessieren“, sagte Katka aus Prag, die Studentin Hanna fügt hinzu: „Ich will Leute kennenlernen, die aus Deutschland wegen der deutsch-tschechischen Beziehungen hierherkommen.“

Diese standen gestern, am dritten Tag der Veranstaltung, denn auch im Mittelpunkt der Diskussionen, ebenso wie die längst überfällige deutsch-tschechische Erklärung zur Vertreibung der Sudetendeutschen. „Die Deklaration setzt ein Signal, daß die Tschechen im Grenzgebiet keine Angst mehr zu haben brauchen, ihr Eigentum an Sudetendeutsche zu verlieren“, sagt eine tschechische Studentin. Nach Meinung von Matthias, einem Jugendlichen aus Würzburg, sollten die Regierungen die Erklärung endlich unterzeichnen und damit neue Wege öffnen. „Es ist doch unbefriedigend, wenn die Politiker, die eigentlich Signale geben sollten, hinter der Entwicklung hinterherhinken“, sagt Matthias.

Auch die Frage nach dem dicken Schlußstrich unter die Vergangenheit beschäftigt die Jugendlichen hier. „50 Jahre nach Kriegsende ist es endlich Zeit dazu“, meint Eva aus Prag. „Aber das kann bedeuten, daß man was verheimlichen oder verdrängen will“, gibt eine andere Teilnehmerin aus Tschechien zu bedenken.

Keine Frage, das historische Wissen und Bewußtsein der hier anwesenden 16- bis 22jährigen ist groß. Ebenso groß sind dementsprechend die Erwartungen der Jugendlichen an das Treffen: „Ich bin hergekommen, um auch politisch etwas in Bewegung zu setzen, daß es endlich vorangeht mit der Erklärung. Außerdem hoffe ich, daß wir mit den Ministern reden und unsere Forderungen vorbringen können.“ Die Abiturientin Dorothee aus München engagiert sich in der Jugendorganisation der Ackermann-Gemeinde der Katholischen Vereinigung der Sudetendeutschen. Sie hofft, daß der Jugendaustausch nun auch von der Regierung endlich besser unterstützt wird.

Die zuständigen Minister, Schulminister Ivan Pilip und Jugendministerin Claudia Nolte, kamen denn auch in die tschechische Kleinstadt. Wie erwartet unterzeichneten die beiden MinisterInnen eine Absichtserklärung über die Einrichtung zweier Koordinierungsbüros zur Unterstützung des deutsch-tschechischen Jugendaustauschs. Ministerin Nolte kündigte an, daß die Bundesregierung die Gelder für diesen Bereich von in diesem Jahr 450.000 Mark auf zwei Millionen Mark im kommenden Jahr erhöhen will.

Doch im Vergleich zu den über zehn Millionen Mark für das deutsch-polnische oder den über 40 Millionen für das deutsch-französische Jugendwerk bleibt Tschechien immer noch ein Stiefkind der Bundesregierung. Auf tschechischer Seite sieht es allerdings nicht besser aus: Schulminister Pilip wollte gestern keine Zahlen für das kommende Jahr nennen. In diesem Jahr flossen rund zehn Millionen Kronen (zirka 600.000 Mark) aus der tschechischen Staatskasse in Projekte der deutsch-tschechischen Jugendarbeit.

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