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Konversion zur Rüstung

In Tschechien soll ein neuer militärisch-industrieller Komplex entstehen und dem Land seine einstige Bedeutung im Rüstungshandel zurückgeben  ■ Von Dietmar Bartz

Prešov (taz) – Die Großbanken der Tschechischen Republik sind offenbar entschlossen, dem Land seine einstige Bedeutung im Waffenhandel zurückzugeben. Innerhalb ihrer Industrieholding Chemapol wollen sie eine neuerworbene Tochterfirma mit der Verdoppelung des konzerneigenen Rüstungshandels beauftragen. Dazu wolle man den Militärflugzeughersteller Aero kaufen, gab Chemapol jetzt bekannt.

Vor der Wende 1989 war die damalige Tschechoslowakei nach der UdSSR der zweitgrößte östliche Exporteur von leichtem und schwerem Kriegsgerät. Der tschechische Wirtschaftsminister Dlouhy hatte schon 1992 erklärt, daß das Land seine Konversionsprogramme hin zur Zivilproduktion nicht ausweiten und wieder auf Militärgüter setzen werde, wenn auf seiten der westlichen Rüstungskonzerne nicht ebenso schmerzhafte Einschnitte erfolgen würden wie im Osten.

Über ein Ende in der tschechischen Rüstungsexportpolitik ist eine politische Grundsatzentscheidung der Regierung in den kommenden Monaten zu erwarten. Derweil wechselt Vadim Petrov, Regierungspressesprecher und Leiter des persönlichen Büros von Tschechiens Premierminister Vaclaf Klaus, am 1. Oktober in den Chemapol-Vorstand.

Im Mittelpunkt des neuen militärisch-industriellen Komplexes soll die Firma Aero Vodochody stehen, nach eigenen Angaben weltgrößter Hersteller von Übungsfluggerät. In deren Muttergesellschaft Aero Holding ist praktisch die ganze verbliebene tschechische Flugzeugindustrie zusammengefaßt. Sie ist das mit Abstand problematischste Unternehmen des Landes. Sie machte 1995 bei einem Umsatz von 3,6 Milliarden Kronen (200 Millionen Mark) einen Verlust von 1,9 Milliarden Kronen (110 Millionen DM); der Staat hat Aero in den letzten Jahren mit sechs Milliarden Kronen (340 Millionen Mark) bezuschußt.

Aero gehört zum einen Teil drei tschechischen Banken, die sich wiederum in Staatsbesitz befinden, und die knapp 40 Prozent der Aero-Aktien im Austausch für faule Kredite erhalten hatten. Der andere Eigentümer ist der treuhandähnlichen Nationale Eigentumsfonds. Als Aero im Auftrag des Eigentumsfonds privatisiert werden sollte, trat nur ein einziger ernsthafter inländischer Bieter auf: die Firma Omnipol, der Waffenhandels-Staatsmonopolist aus alten tschechoslowakischen Zeiten. Doch Omnipol schien mit dem Sanierungsprojekt überfordert.

Tempo kam jedoch in die Entwicklungen, als kürzlich Omnipol mehrheitlich vom Industriekonglomerat Chemapol aufgekauft wurde. Chemapol gehört zu den größten und aktivsten tschechischen Holdings und beherrscht 67 Unternehmen, darunter vor allem Chemiebetriebe, aber auch Hotels, Transportgesellschaften, Finanzeinrichtungen und Medien wie die seriöse Prager Tageszeitung Svobodné Slovo (Freies Wort). Chemapol wird in diesem Jahr wahrscheinlich 60 Milliarden Kronen (3,4 Milliarden DM) umsetzen.

Großaktionäre bei Chemapol sind wiederum einige mehrheitlich vom Staat kontrollierte Banken, darunter auch die Aero-Miteigentümerinnen. Sie sind offenbar bereit, gegen eine Entschuldung von Aero auf Staatskosten die Übernahme zu riskieren. Aber nur, wenn dafür die Regierung auf die Forderungen der Waffenhändler umschwenkt und Rüstungsexporte wieder fördert.

Chemapol berief sogleich einen neuen Omnipol-Vorstand und gab der neuen Tochterfirma bereits die Aufgabe, den eigenen Umsatz mithilfe von Rüstungsproduktion und -handel zu verdoppeln. Am Ende könnte ein lupenreiner neuer militärisch-industrieller Komplex stehen.

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