piwik no script img

Die polnische Bauerpartei steht in der Ecke

■ Nach dem Rauswurf ihres Ministers bleiben den Bauern nur leere Drohungen

Warschau (taz) – Polens Fernsehen ist zwar eigentlich nicht mehr staatlich, sondern öffentlich-rechtlich, doch Premierminister, Präsident und Parlamentspräsident haben immer noch das Recht, sich nach den Hauptnachrichten an die Polen zu wenden. Zuletzt hatte davon Premierminister Józef Oleksy Gebrauch gemacht, um sich gegen den Vorwurf zu wehren, er habe für den KGB und russischen Geheimdienst spioniert. Am Samstag abend nun begab sich Premierminister Wlodzimierz Cimoszewicz vor die Kameras, um die Abberufung des Außenhandelsministers Jacek Buchacz von der Bauernpartei (PSL) zu begründen.

Dessen überraschender Rauswurf am vergangenen Mittwoch hatte die Bauernpartei, den kleineren Koalitionspartner der Linksregierung, auf die Palme gebracht – besonders, weil die Aktion nicht abgesprochen war. Einzelne Politiker drohten mit dem Verlassen der Koalition und mit dem „Abschuß“ eines mißliebigen sozialdemokratischen Ministers wie etwa des Privatisierungsministers Wieslaw Kaczmarek.

Dann informierte Cimoszewicz die Spitzen der Partei über die Details, die der oberste Rechnungshof und Ministerratskontrolleure über Buchacz zusammengetragen hatten, und es wurde merkwürdig still in der Partei. Nur gegen den Stil der Abberufung habe man noch Einwände, verkündete anschließend Landwirtschaftsminster Roman Jagielinski (PSL). Die Bauernpartei forderte vor allem die Offenlegung des Belastungsmaterials, wobei einzelne Parteiführer zu verstehen gaben, dieses stütze sich vor allem auf Material des Geheimdiensts. Soll heißen: Buchacz sei ebenso ein Opfer einer Geheimdienstintrige, wie Oleksy das seinerzeit von sich behauptete.

Das war Cimoszewicz zuviel, der in keiner der beiden Parteien über eine Hausmacht verfügt und als Premier vor allem von seinem Image als unbestechlicher und unabhängiger Linker ohne belastende PVAP-Vergangenheit zehrt. Er trat vor die Kamera und nannte Roß und Reiter: Buchacz habe staatliches Vermögen in Privatfirmen seines Freundes Piotr Bykowski eingebracht und so die Dividenden dem Haushalt vorenthalten. Er habe mit staatlichem Kapital Bykowskis Unternehmen rückversichert und dessen Verluste dann abdecken müssen. Schließlich habe er versucht, mehrere hundert Millionen Dollar Steuergelder in einer ukrainischen Privatbank verschwinden zu lassen. Da sei er, Cimoszewicz, gezwungen gewesen, sofort einzuschreiten.

Gut für Cimoszewicz, der einmal mehr in der Öffentlichkeit als Saubermann dasteht, der unbeugsam gegen Lobbyisten und korrupte Beamte vorgeht. Gut aber auch für die Sozialdemokraten (SdRP), die einmal mehr ungestraft die Bauernpartei in die Ecke drängen konnten. Die nämlich hat solchen Attacken außer Drohungen nicht viel entgegenzusetzen: Bei Neuwahlen würde sie nach Meinungsumfragen viele Mandate verlieren, die Sozialdemokraten dagegen noch zulegen. Und eine Koalition mit der Opposition wäre rechnerisch zwar möglich, würde aber sicher von Präsident Aleksander Kwasniewski vereitelt werden. Mit gleicher Münze heimzahlen kann die PSL auch nicht: In den Medien hat sie nur wenig Einfluß, so daß Korruptionsvorwürfe an die Adresse von SdRP-Ministern meist wirkungslos verpuffen. Jacek Pawlicki

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen