: Ein zweites Sparpaket
■ Evangelische Kirche präsentiert eigene „Reform des Sozialstaates“
Berlin (taz) – Ein „zweites Sparpaket für die Besserverdienenden in der Gesellschaft“ hat Theodor Strohm, Vorsitzender der Kammer der Evangelische Kirche in Deutschland für soziale Ordnung, gefordert. Vier Tage vor der Verabschiedung des Bonner Sparpakets im Bundestag sagte der Professor für Sozialethik gestern: „Dem Programm der Bundesregierung fehlt der entscheidene Schritt zur gerechteren Vermögensverteilung. Es herrscht die Tendenz vor, nur die Schwächeren zur Kasse zu bitten.“
Die höhere Versteuerung von hohen Einkommen sei unumgänglich. Eine Steuerreform, die dies nicht berücksichtige, vertrage sich nicht mit den Grundsätzen des Sozialstaates. Außerdem sei eine Reform der Beamtenversorgung überfällig. Es sei nicht länger zu rechtfertigen, daß der Steuerzahler die gesamte Alterslast der Beamten zu tragen habe. Gegenwärtig machten sich in Bonn „Kräfte breit, die sich eine andere Republik wünschen“.
Strohms Kritik basiert auf dem „Thesenpapier zur Reform und Konsolidierung des Sozialstaates“, welches die EKD gestern vorstellte. Dem Gremium gehören auch Politiker, Staatssekretäre und prominente Vetreter der Wirtschaft an. „Das bestehende System der sozialen Sicherung halten wir für bewährt und erhaltenswürdig“, heißt es in dem Papier. Bei einer notwendigen Reform müsse es darum gehen, „Wirtschaftskraft und Sozialaufwand stets erneut im Gleichgewicht zu halten“. Die „wirkliche Bedrohung“ liege nicht im System der sozialen Sicherung selbst, sondern vor allem in der hohen Arbeitslosigkeit.
Die Rezepte der Bundesregierung seien unzureichend. „Vor allem der Abbau der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist kontraproduktiv“, sagte Strohm. Angesichts der Lage müsse ein ergänzender und begrenzter Arbeitsmarkt geschaffen werden, öffentlich gefördert und am Gemeinwohl orientiert sein. „Arbeit ist für alle da“, sagte Strohm, „das Bündnis für Arbeit muß eine Gemeinschaftsaufgabe werden.“ Vor allem auf lokaler Ebene seien Bündnisse erforderlich. Die Kosten für solche „sozialen Arbeitsstellen“ müßten aus den öffentlichen Haushalten beglichen werden. Bei der Finanzierung müßten die Länder den Kommunen in höherem Maße als bisher zur Seite stehen.
Strohm bezweifelte, daß Großdemonstrationen gegen das Sparpaket Angehörige der Koalitionsfraktionen vor der entscheidenen Abstimmung umstimmen konnten. Dem DGB wirft er vor, sich „zu schnell“ von den Gesprächen für ein Bündnis für Arbeit verabschiedet zu haben. „Das war politisch unklug.“ roga
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