■ Pfandfreie Begriffsverwirrung im Bioladen
: Erdnußmus auf dem Mehrweg

„Das sind Ihre Gläser? Warten Sie, das gibt – einszwanzig.“ Vier Joghurtgläser, ein Erdnußmusglas... „Äh, das sind doch einsfünfzig, oder?“ „Da ist kein Pfand drauf.“ Sie deutet auf das Erdnußmusglas. „Aber wieso, es steht doch extra drauf: Pfandglas!“ – „Ja, aber trotzdem.“ „Haben Sie dafür Pfand bezahlt?“ mischt sich ihre Kollegin ein. Ich nicke: „Natürlich.“ Allgemeines Grinsen.

„Dann müssen Sie das zurückgeben, wo Sie es gekauft haben.“ „Also, das verstehe ich nicht. Da steht doch extra...“ – „Ja, ja, das steht da. Aber unser Großhändler nimmt kein Pfand.“ – „Das mit dem Pfand haben die doch erst vor ein paar Monaten eingeführt!“ Langsam verliert die Verkäuferin die Geduld. „Diese Rapunzel-Gläser waren doch schon immer Mehrweggläser.“ Ich nicke eifrig. „Genau! Und jetzt...“ – „Jetzt haben die da ,Pfandglas‘ draufgeschrieben, damit die Leute es auch wirklich zurückbringen. Mit ,Mehrwegglas ohne Pfand‘ konnten die Leute nichts anfangen.“ Ich lache ungläubig.

„Ist doch sowieso Unsinn, diese Pfandgläser“, meldet sich der Mann hinter mir zu Wort. „Was die da allein an Wasser durchjagen, um die zu spülen ...“ – „Genau!“ Aus irgendeinem Grund fühlt sich die Verkäuferin bestätigt. „Und ganz scharfe Mittel verwenden sie dabei!“ – „Obwohl es beim Nußmus ja noch geht. Beim Joghurt ist es viel schlimmer mit den Bakterien.“ Wieder nickt die Verkäuferin. Sie nimmt eins meiner perfekt gespülten Gläser: „Wenn die zum Beispiel schmutzig zurückkommen, werden sie gleich weggeworfen. Die Bakterien kriegen die nie wieder raus. Wird dann sofort schlecht, was die da reinfüllen. Obwohl die hier ja noch gehen.“ – „Möchte ja nicht wissen, wieviel Liter Wasser du verbraucht hast, um die sauber zu bekommen“, sagt der Mann hinter mir hämisch.

„Also, ich nehme da immer...“ „Einweichen, einweichen!“ tönt es aus der Schlange, die sich unterdessen gebildet hat. „Allein schon der Transport, bei dem Gewicht!“ sagt die Verkäuferin. „Wenn man das alles zusammenrechnet, ist es viel umweltfreundlicher, ein neues Glas zu nehmen.“

Ich kann es langsam nicht mehr fassen. „Soll ich also ab jetzt alles in den Altglascontainer werfen, oder was?“ Die Verkäuferin bedeutet mir durch ihr Nicken, daß ich endlich verstanden habe. Der Mann hinter mir, eine volle Sojamilchflasche in der Hand, kommt dagegen immer mehr in Fahrt: „Am besten einstellen, die ganze Milchwirtschaft. Ist doch alles Unsinn. Weg damit.“ Langsam fühle ich mich angegriffen. „Am besten Selbstmord, oder wie? Irgendeinen Stoffumsatz verursache ich nun mal, während ich lebe!“ „Mit dieser Verpackung gibt's keine Probleme“, sagt er und deutet verschmitzt lächelnd auf die Bananen, die er offenbar zur Sojamilch zermalmen will. Ich sehe eine Konterchance: „Die kommen aber auch nicht gerade von nebenan!“ „Ja, ja“, beschwichtigt er, „wir wollten dich ja nicht angreifen.“

Feigling! Ich greife nach meinem Erdnußmusglas, um es wieder einzupacken. „Du kannst gerne noch mehr davon haben“, bietet mir die freundliche Verkäuferin sofort an. „Ich habe hinten jede Menge davon stehen! Da kannst du ein richtiges Geschäft machen!“ Das ist mir dann aber doch zu blöd. Maximilian Schäfer