Bewährtes System lieber umbauen als abreißen

■ Erste Bürgerschaftssitzung nach der Sommerpause: Bücherhallen und Krankenhäuser

Auf einmal ist es kein Sparkonzept, sondern dient gar der Verbesserung des Angebotes: Die am Montag beschlossene Schließung zahlreicher öffentlicher Bücherhallen, das wollte Kultursenatorin Christina Weiss (parteilos) gestern der Hamburger Bürgerschaft in einer aktuellen Stunde weismachen, sichere langfristig die flächendeckende Versorgung der Stadt mit Büchereien. Durch die „Umstrukturierungen“ könnten mehr Bücherbusse eingesetzt werden, so daß auch Wohngebiete, die zur Zeit nicht im Einzugsbereich einer Bücherhalle lägen, künftig erreicht würden.

Dem pflichtete der kulturpolitische Sprecher der Statt Partei, Christian Bölckow, ohne eigene Argumente bei. Er tröstete lediglich, daß ein Anreiseweg zur Bücherhalle von 15 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln doch wohl vertretbar sei. Auch der SPD-Abgeordnete Franklin Kopitzsch versuchte, aus der Not eine Tugend zu machen: Das alte Bücherhallensystem sei historisch und damit zufällig gewachsen; nun bestünde die Chance der gezielten Weiterentwicklung. Die anstehenden Veränderungen wären kein „Abriß des bewährten Systems, sondern ein notwendiger Umbau“.

Als unsicher bezeichneten hingegen die Oppositionsparteien die Zukunft der Bücherhallen (HÖB). Sie hätte eine realistische Perspektive verdient, klagte die GAL-Abgeordnete Jutta Biallas, die eben das im „tiefen Einschnitt“ durch den Verwaltungsrat verwehrt sieht. Rena Vahlefeld von der CDU verwies darauf, daß in Hamburg jährlich rund 10 Millionen Bücher ausgeliehen würden. Das Konzept sei der Abschied von einem effizienten Bücherhallensystem.

Von den Sparmaßnahmen, die der Verwaltungsrat der HÖB am Montag beschloß, sind 24 der insgesamt 59 Hamburger Bücherhallen betroffen. Acht werden geschlossen, vier davon durch Zusammenlegung. Weitere sechs Bücherhallen verlieren ihre Existenz faktisch durch die Zusammenlegung mit Schulbüchereien oder sollen durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen gerettet werden.

  In der Debatte um die Hamburger Krankenhäuser kritisierte die CDU die „dramatisch“ hohen Kosten in den Kliniken der Stadt und forderte eine stärkere Privatisierung. 1994 hätten die Kosten um 35 Prozent über dem Bundesdurchschnitt gelegen, das entspreche einer Milliarde Mark, behauptete der Gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Sieghard-Carsten Kampf. Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) wies Kampfs Kritik zurück. Man könne nicht Flächenländer und Stadtstaaten miteinander vergleichen. Peter Zamory von der GAL will hingegen Einsparmöglichkeiten sehen. So regte er beispielsweise eine Aufhebung der relativ strikten Trennung der ambulanten und stationären Behandlung in den Krankenhäusern an. Der Statt-Abgeordnete Christian Bölckow forderte, Einsparpotentiale auszunutzen. Gleichzeitig verwies er darauf, daß 1995 gerade zu diesem Zweck der Landesbetrieb Krankenhäuser gegründet worden sei.

Elke Spanner / lno