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Die Krankheit auf Stelzen

Rechtsgutachten gegen Transrapidstrecke Hamburg – Berlin: Verfassungswidrige Rechtsgrundlage und manipulierte Lärmwerte?  ■ Von Heike Haarhoff

Dank Früherkennung lassen sich drohende Schäden oft mit geringem Aufwand abwenden. Das gelte auch bei Verkehrsplanungen wie dem Transrapid, sagt der Hamburger Rechtsanwalt Michael Günther. Gerade weil die Gefahren für Landschaft, Mensch und Umwelt durch den Bau des geplanten Schwebezugs zwischen Hamburg und Berlin so „gravierend“ seien, ist Günther „schon jetzt in dieser frühen Phase der Planung, dem Raumordnungsverfahren“ als Gutachter tätig geworden. Und er sieht „gute Chancen“, die Gemeinden entlang der geplanten Trasse vor der verkehrspolitischen Krankheit auf Stelzen zu schützen.

In einer druckfrischen, 35seitigen Stellungnahme diagnostiziert Günther der Magnetschnellbahn Planungsgesellschaft (MPG) Unseriosität bei ihren Untersuchungen zu Fahrgast- und Verkehrsbedarfsprognosen, Lärmwerten, Flächenverbrauch sowie Alternativenprüfung. Und gegen das Magnetschwebebahn-Bedarfsgesetz (MsbG) hat er gar „verfassungsrechtliche Bedenken“. Gründe genug für den Juristen, um daran zu zweifeln, „daß die Planung realisiert wird“.

Mit seinem Bericht im Auftrag der Transrapid-gegnerischen Gemeinden muß sich nun das Bau- und Umweltministerium in Mecklenburg-Vorpommern auseinandersetzen, bevor es binnen der nächsten sechs Monate entscheidet, ob die Transrapid-Planung überhaupt „landschafts- und raumverträglich“ ist. Aber auch den Landesplanungsbehörden in Brandenburg, Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein, wo die Unterlagen zum Raumordnungsverfahren seit gestern öffentlich ausliegen, werde er, so Günther, die Entscheidung gegen den Transrapid mit entsprechenden Stellungnahmen „auf dieser Grundlage“ leichter machen.

Knackpunkte sieht der Jurist insbesondere bei Verkehrsanalyse und -prognose: Das gesamte Planverfahren belaste die Gemeinden und Grundstückseigentümer „erheblich“ und sei nach geltender Rechtsprechung „nur zu rechtfertigen, wenn aufgrund aktueller, wissenschaftlich nachvollziehbarer Analysen und Prognosen ein hinreichender, anders nicht zu befriedigender Verkehrsbedarf nachgewiesen wird“. Ein solcher Nachweis, stellt Günther fest, „fehlt aber“, eine anderslautende gesetzgeberische Entscheidung wäre deshalb „verfassungswidrig“.

Überhaupt seien die Transportmittel-Alternativen unzureichend geprüft worden. Im Gegensatz zu „Neigezügen“ und „CyberTrain“ sei die Transrapid-Technik verkehrstechnisch überholt und rechtfertige nicht den vorgesehenen Flächenverbrauch. Bei dessen Berechnung sei lediglich die Fahrwegbreite berücksichtigt, nicht aber die bis zu doppelt so breiten Schutzwälle. Günther: „Die Flächenbilanz ist zu korrigieren.“ Laut Bundesverwaltungsgericht habe der Ausbau bereits vorhandener Verkehrswege ohnehin „regelmäßig Vorrang“ vor dem Neubau einer Strecke – wegen der insgesamt geringeren Zusatzbelastung des Raums.

In den MPG-Unterlagen fänden sich zudem „keine zuverlässigen Angaben“ zu den Spitzenschallpegeln. Vielmehr seien die Lärmwerte manipuliert. Anstatt den Spitzenschallpegel bei der Vorbeifahrt des Zugs zugrundezulegen, sei für die Lärmberechnung ein Durchschnitt aus den Vorbeifahrten, Pausen und nächtlichen Ruhezeiten, in denen der Transrapid gar nicht fahre, gebildet worden.

„Richtig abenteuerlich“ aber findet Günther deren jüngste Behauptungen zum Fahrgastaufkommen: Ging die MPG bislang optimistisch von 14,2 Millionen Fahrgästen jährlich aus, so prahlt sie in den Raumordnungsunterlagen mit 17,4 Millionen Passagieren jährlich. Selbst das Bundesverkehrsministerium, so Günther, stehe dieser „unrealistischen“ Annahme fragend gegenüber.

40 Bürgerinitiativen rufen zur Demonstration gegen den Transrapid am 22. September in Glinde auf: Kundgebung 17 Uhr, Marktplatz Glinde, Redner u.a.: Rainder Steenblock, Umweltminister Schleswig-Holstein

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