: CDU sorgt sich um Kriegsrichters Ehre
■ Hessens Justizminister Plottnitz soll sich für fehlgeschlagene Disziplinierung eines Wehrmachtsrichters entschuldigen
Wiesbaden (taz) – Der hessische Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten, Rupert von Plottnitz (Bündnisgrüne), soll sich nach Auffassung von sieben Landtagsabgeordneten der Union entschuldigen – ausgerechnet bei einem ehemaligen Kriegsrichter, der im Zweiten Weltkrieg in mindestens zwei Fällen Deserteure zum Tode verurteilt hat. Weil der Ex-Wehrmachtsrichter und Landgerichtspräsident a.D. aus Marburg, Otfried Keller (85), vor knapp einem Jahr bei einer Anhörung im Rechtsausschuß des Bundestags seine damaligen Todesurteile als „ohne Zweifel rechtstaatlich“ bezeichnet hatte, kündigte von Plottnitz an, eventuell „Schritte im Rahmen der rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel“ gegen Keller einleiten zu wollen. Im Falle zweifelsfrei nachgewiesener rechtsanstößiger Äußerungen, so Beamtenrechtsexperten, hätte Keller dann möglicherweise auch die Pension gekürzt werden können. Vor der Einleitung entsprechender Maßnahmen gegen Keller müßten allerdings die Ausschußprotokolle genau geprüft werden, so von Plottnitz am 1. Dezember 1995.
Diese Prüfung war im Juli 1996 abgeschlossen. In seiner Antwort auf einen Berichtsantrag von sieben Landtagsabgeordneten der CDU mußte der grüne Minister jetzt zähneknirschend einräumen, daß die in der Anhörung vor dem Bundestagsausschuß von Keller abgegebenen Erklärungen „beamtenrechtliche, insbesondere disziplinarrechtliche Maßnahmen nicht erforderlich machen“. Weil von Plottnitz den „über alle Zweifel erhabenen, untadeligen ehemaligen Landgerichtspräsidenten“ in seiner Presseerklärung vom Dezember 95 „mit Unterstellungen herabgewürdigt“ habe, so der Landtagsabgeordnete Christean Wagner (CDU), müsse er sich jetzt bei Keller entschuldigen.
Dieser Aufforderung wird der Minister allerdings nicht nachkommen. Rupert von Plottnitz: „Für sein Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ist der ehemalige Kriegsrichter selbst verantwortlich.“ In den „Tagesthemen“ hatte Keller am 29.11.95 gesagt, daß er keinen Grund habe, die Todesurteile heute zu bedauern. Klaus-Peter Klingelschmitt
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