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Spanien spart sich fit für Maastricht

■ Ähnlich wie die Bundesrepublik verordnet auch die spanische Regierung der Bevölkerung einen Sparkurs, um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen

Madrid (taz) – Den „restriktivsten Haushalt der Demokratie“ kündigte Spaniens Regierungspräsident José Maria Aznar bereits vor Monaten an. Er hält, was er versprach. In letzter Minute soll Spanien in Richtung Maastricht gepuscht werden. Kein leichtes Unterfangen. So liegt das Haushaltsdefizit mit 5,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich über den für die Aufnahme in die Währungsunion geforderten drei Prozent. Bei der Staatsverschuldung sieht es bei 64,9 Prozent statt 60 Prozent nur wenig besser aus.

Also will auch die spanische Regierung sparen. Die Staatsausgaben sollen 1997 nur 2,5 Prozent zunehmen, ein Zehntel Prozent weniger als die erwartete Inflationsrate. Auf der Einnahmeseite soll ein Plus von 6,3 Prozent erreicht werden. Insgesamt soll damit der Haushalt um umgerechnet 15 Milliarden Mark entlastet werden. Das Haushaltsdefizit sänke damit auf 2,5 Prozent des BIP. Zusammen mit den 0,3 Prozent Defizit der Regionen und Gemeinden und den 0,2 Prozent der Sozialversicherung macht dies drei Prozent – exakt der Maastrichter Richtwert für die Währungsunion, rechnet Wirtschaftsminister Rodrigo Rato vor.

Zu spüren bekommen das alle. Künftig kann sich keine Firma mehr Hoffnungen auf öffentliche Bauaufträge machen, denn die werden bis auf wenige Ausnahmen gestrichen. Die Beamten, die bereits 1993 ohne Gehaltserhöhung nach Hause gingen, bekommen eine weitere Nullrunde aufgezwungen. Ebenso die Angestellten derjenigen Staatsbetriebe, die rote Zahlen schreiben.

Die Arbeitslosigkeit, die nach offiziellen Angaben bei 13,5 Prozent liegt, soll dank eines angestrebten dreiprozentigen Wirtschaftswachstums um zwei Prozent sinken. Dies soll die Sozialversicherung entscheidend entlasten. Um die Ausgaben für das Gesundheitswesen zu drücken, will die Regierung jetzt auch den Rentnern ans Budget. Wer im Monat mehr als 600 Mark Rente bezieht, soll künftig 100 Peseten (1,25 Mark) Rezeptgebühren zahlen. Alle anderen bezahlen bereits heute ein Drittel des Preises selbst.

Regierung, Opposition, Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich auch auf eine Reform der Rentenkasse verständigt. Künftig sollen die letzten 15 statt wie bisher 8 Jahre als Grundlage zur Rentenberechnung herangezogen werden, um zu verhindern, daß die Beträge in den letzten Berufsjahren künstlich in die Höhe getrieben werden. Wer künftig freiwillig in den Vorruhestand geht, soll mit weniger Rente bestraft werden. Außerdem ist die Anhebung des Rentenalters von 63 auf 65 Jahre vorgesehen.

Auf der Einnahmeseite soll die Anhebung der Gebühren für staatliche Dienstleistungen helfen. Um aber auf die notwendigen 6,3 Prozent Mehreinnahmen zu kommen, sucht die Regierung verzweifelt nach Möglichkeiten für neue Abgaben. Von der Einführung von Autobahngebühren, einer Steuer auf Versicherungsprämien oder der Anhebung der Erdölsteuer ist da die Rede. Die Alkohol- und Tabaksteuer machte bereits Ende Juli den Anfang. Dabei zeigte sich die Gefahr solcher Maßnahmen. Ein anderer Eckwert für die Währungsunion kam ins Wanken: Die Inflation stieg um 0,3 Prozent. Reiner Wandler

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