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Keine Angst vor Prozeß

■ Safwan Eid, seit 1990 in Deutschland, sieht der Verhandlung gelassen entgegen

Ein pummliges, gutmütiges Gesicht, ruhige Augen, eine sanfte Stimme. Es gibt vieles, was gegen Safwan Eid als den Mordbrenner von Lübeck spricht. Fast möchte man seine äußere Erscheinung dazurechnen. Der junge Libanese, den die einen benutzen, um ihre deutsche Seele zu entlasten, und die anderen, um das „rassistische Schweinesystem“ zu geißeln, ißt gern, kocht gern und spielt leidenschaftlich Fußball. Seine ehemaligen Mitbewohner aus dem Flüchtlingsheim beschreiben ihn als besonnen und freundlich, als den umgänglichsten aus seiner Familie.

Safwan ist der zweitälteste Sohn von Hassna und Marwan Eid. Die neunköpfige Familie, die aus der Nähe von Beirut stammt, floh 1990 vor dem Bürgerkrieg in die Bundesrepublik. Doch politisches Asyl bekam sie nicht. Bislang durfte sie nur mit kurzfristigen Duldungen bleiben, weil ihr der Libanon die nötigen Rückreisepapiere verweigerte.

Den Ton in der Familie gibt Marwan an, der Vater. Wie ein Patriarch lenkt er seine Nachkommenschaft und sorgt dafür, daß sie nicht allzu westlich infiziert wird. In seiner Heimat hatte er ein kleines Unternehmen. Sehr schnell besorgte er sich und den drei ältesten Söhnen auch hier eine Arbeit. Auf dem Bau – ausgerechnet in Grevesmühlen.

Von den deutschen Behörden lassen sich die Eids nichts gefallen. Sie kennen ihre Rechte. Sie klagten gegen das Wohnungsamt, das Arbeitsamt, das Sozialamt, gegen die Hansestadt Lübeck, gegen die Bundesrepublik Deutschland. Wäre es nach ihnen gegangen, wären sie schon lange vor dem Brand aus dem Flüchtlingsheim in eine eigene Wohnung gezogen. Dann stünde Safwan Eid jetzt wohl nicht vor Gericht.

Der Verhandlung sieht die Familie gelassen entgegen. Ihnen sei es wichtig, sagt Vater Eid, daß Safwan von dem Schuldvorwurf befreit werde. Der Angeklagte selbst erklärte kürzlich: „Ich habe keine Angst vor dem Prozeß.“ Bascha Mika

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