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SPD setzte sich in Koalitionskrach durch

■ Bremerhaven: Stadthalle wird vorerst nicht privatisiert / Scorpions-Krams geht

Noch drei Stunden, bevor sich die Koalitionäre am Montag abend in Bremerhaven an einen Tisch setzten, kannte Michael Teiser kein Pardon: „Wenn die SPD in puncto Stadthalle nicht umschwenkt, ist die Zusammenarbeit für uns beendet“, schloß der CDU-Bundestagsabgeordnete gegenüber der taz einen Bruch der schwarz-roten Koalition in Bremerhaven nicht aus.

Im Koalitionsausschuß schlug Teiser hinter verschlossenen Türen allerdings leisere Töne an. Über eine Stunde debattierten CDU und SPD über die geplante Privatisierung der Stadthalle. Anschließend beratschlagten der CDU-Kreisvorstand und die Stadtverordnetenfraktion über das Ergebnis. Mit großer Mehrheit stimmten die Christdemokraten dafür, die Mußehe zwischen CDU und SPD zu retten. Nur zwei der rund 30 Christdemokraten wollten die Scheidung.

Dabei war die SPD im Koalitionsausschuß keinen Zentimeter von ihrer Haltung zur geplanten Privatisierung der Stadthalle abgerückt: Die Privatisierung rechne sich nicht, hatten die Sozialdemokraten argumentiert und ihren Standpunkt mit einer druckfrischen Vorlage des Stadtkämmerers untermauert. Die Koalitionäre einigten sich darauf, daß die Verhandlungen mit der Nordsee-Zeitung und der Beck's Brauerei abgebrochen werden sollen. Die Stelle des jetzigen Geschäftsführers Hans-Jürgen Krams, für den sich die CDU stets stark gemacht hatte, wird ausgeschrieben und soll zum 1. Januar neu besetzt werden. Daß das Personal der Stadthalle bis auf sieben Mitarbeiter wieder bei der Stadt angestellt werden soll, war ebenfalls im Sinne der SPD. Bis auf die Ankündigung, die „falsche Vorlage“ (Teiser) des Stadtkämmers „mit einem kleinen Zusatzgutachten“ überprüfen zu lassen, erreichte die CDU in puncto Stadthalle nichts.

Teiser wollte gestern nicht daran erinnert werden, daß er die Privatisierung der Stadthalle noch Stunden vor dem Koalitionsausschuß zur Nagelprobe erklärt hatte: „So habe ich das nie formuliert.“ Letztlich mußte aber einräumen, daß die CDU keine Alternative hat zu der bestehenden Koalition mit der SPD: Grüne und AfB seien auch „keine leichteren Koalitionspartner“, räumte Teiser ein.

Er sieht sich dennoch als Gewinner des Koalitionskraches: „Die Vorlage des Stadtkämmerers ist falsch. Trotzdem ist es schlecht vermittelbar, wenn wir unter diesen Umständen an der Privatisierung festhalten.“ Der Streit um den umstrittenen Geschäftsführer Krams, für den CDU-Wirtschaftssenator Perschau sechsstellige Verluste des Scorpions-Konzerts im August in Bremerhaven mit einer Landesbürgschaft abgedeckt hatte, habe sich „von selbst erledigt“, meinte Teiser. Krams hatte gepokert, er stehe nur im Falle einer Privatisierung a zur Verfügung.

„Wir haben uns in allen anderen Punkten durchgesetzt“, betonte Teiser und verwies auf die Einrichtung einer bilingualen, durchgehenden gymnasialen Abteilung an der Pestalozzi-Schule (die CDU hatte dies im Ausschuß mit den Stimmen der DVU durchgesetzt). Insofern war das Thema im Koalitionsausschuß kein Thema mehr.

Die übrigen Tagesordnungspunkten bargen kaum noch Zündstoff: Der öffentliche Nahverkehr soll aus der Einkaufsmeile „Bürger“ verschwinden. Die Auswirkungen des geplanten Ocean-Parks sollen überprüft werden. Im Vergleich zur Stadthallenprivatisierung „Kleinigkeiten, die ohnehin nicht so strittig waren“, so SPD-Fraktionschef Jörg Schulz. In die gleiche Kerbe schlägt auch Hilde Adolf. „Ich will hier nicht in Sieger und Verlierer einteilen“, sagte die Bremerhavener SPD-Chefin. „Aber wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.“ kes

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