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Ball- spielen verboten

Meine Großmutter war bekannt für widersprüchliche Weisheiten: „Wenn man Kinder nicht hört, dann bauen sie Scheiße“ war die eine Feststellung, „Kinder soll man sehen, aber nicht hören“ die andere (mein Großvater war der Meinung, das gelte auch für Frauen). Später wurde Oma dann ganz rigoros, verbat sich jeden Besuch von Personen unter 18 und kaufte sich einen Kanarienvogel.

Sie werden mir aber zustimmen, daß rein emotional gesehen ein Kind mehr bringt als ein Kanarienvogel. Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen. Rein krachmäßig gesehen tun die beiden sich aber nichts; der Vorteil für Sie liegt hier beim Kanarienvogel, weil man eine Decke über den Käfig drüber tun darf, wenn er nervt. Wenn man das bei einem Kind macht, wird der Krach bloß größer. Außerdem ist das auch irgendwie nicht erlaubt.

Was aber erlaubt ist – und da ist die Gemeinde Neu-Ansbach im Hochtaunuskreis mit schönem Beispiel vorangegangen –, Sie dürfen den Eltern von Krachmachern Bußgeldbescheide zustellen lassen. Außerdem hat besagte Gemeinde noch das allgemeine Ballspielen sowie das Spielen unter freiem Himmel während der Mittagszeit verboten. Das finde ich allerdings ziemlich bescheuert. Wer macht denn heutzutage noch Siesta? Doch bloß Lehrer. Ich jedenfalls nicht. Ich schlafe nachts, wie es sich gehört, und bin mittags überhaupt nicht zu Hause, weil ich da zu „Emilia“ frühstücken gehe. Deshalb würde es mir auch erst richtig was bringen, wenn das Spielen um Mitternacht verboten würde. Nämlich das Spielen von Schallplatten („Maleen, eine von uns beiden muß nun geh'n“ – zwölfmal hintereinander, Frau Baltruweit aus dem 2. Stock), das Spielen von Computerspielen („dring-dong-dong-dong-täng-dringeling“, Herr Ahrens von nebenan rechts) und das Nachspielen von RTL-Ruckelfilmen („oh, Ahnee, da nicht“, das junge Paar von nebenan links). Da käme dann auch einiges an Bußgeld zusammen, wovon man wiederum jede Menge Lehrer irgendwohin schicken kann, wo sie den ganzen Tag pennen können. Fanny Müller

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