: Ende einer Kolonie
Am kommenden Sonntag wird in Macau zum letzten Mal unter portugiesischer Hoheit gewählt. Um die acht direkt zu wählenden Sitze der 23köpfigen Legislative bemühen sich 62 KandidatInnen auf zwölf Listen. Das ungewöhnliche Spektrum reicht von Peking-nahen Gewerkschaften, Unternehmerkreisen, Kasinobeschäftigten, Portugiesen und eurasischen Mischlingen bis hin zu liberalen und prodemokratischen Gruppen. Acht weitere Sitze werden von Verbänden besetzt, sieben vom Gouverneur. Anders als in Hongkong, das 1997 an China fällt, läßt die Regierung in Peking die neuen Abgeordneten die volle fünfjährige Legislaturperiode amtieren, obwohl Macau am 20.Dezember 1999 unter chinesische Hoheit kommt.
Die kleine portugiesische Kolonie Macau war Europas erster Außenposten in Fernost. 1513 gingen vor der südchinesischen Halbinsel Macau erstmals portugiesische Seeleute vor Anker. Gegen Tributzahlungen erhielten sie von China als Dank für den Schutz vor Piraten ein Handelsmonopol. Durch den Dreieckshandel zwischen China, Japan und Europa entwickelte sich das an der Mündung des Perl-Flusses gelegene Macau zur reichsten Stadt an der chinesischen Küste. Mit dem Niedergang des portugiesischen Weltreiches begann Macaus Stern zu sinken, bis es schließlich vom erst 1841 gegründeten Hongkong völlig in den Schatten gestellt wurde.
Nach chinesisch-portugiesischer Sprachregelung ist Macau keine portugiesische Kolonie, sondern „chinesisches Territorium unter portugiesischer Verwaltung“. Peking hat die Hoheit über die Halbinsel Macau und die benachbarten Inseln Taipa und Coloane nie formell an Lissabon abgetreten.
450.000 Menschen leben in der nur 20 Quadratkilometer großen Enklave, einer der dichtbesiedeltsten Städte der Welt. Macau besteht zu über einem Drittel aus Landgewinnungen und wird bis 1999 noch weiter wachsen. 95 Prozent der Bevölkerung sind chinesischer Abstammung, 3.000 gebürtige Portugiesen und 20.000 euro-asiatische Mischlinge, sogenannte Macanesen.
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