: HanfDank
■ In Berlin wird die erste deutsche Hanfernte festlich begangen. Amen!
In diesem Jahr muß man zur Erntedankmesse nicht in die Kirche gehen: Dieser Tage wird die „erste deutsche Hanfernte der Neuzeit“ eingefahren, und der Markt für Hanfprodukte, den es vor kurzem praktisch nicht gab, wächst und gedeiht. Das nahm die Berliner HanfGesellschaft zum Anlaß, einmal möglichst viele Pioniere des entstehenden Wirtschaftszweiges Hanfverarbeitung zusammenzubringen: In Zusammenarbeit mit der Ufa-Fabrik und dem HanfHaus Berlin veranstaltet sie mit der „Ernte '96“ die erste Fachmesse und Konferenz zum Thema Hanf als Rohstoff. Um aber den Kirchen, die in letzter Zeit ohnehin mit sinkenden Besucherzahlen zu kämpfen haben, nicht unnötig Konkurrenz zu machen, wählte man als Termin den 27. bis 29. September. Für die Kirche bitte den 6. Oktober vormerken!
„Ziel der Veranstaltung ist ein erster Rundumschlag“, erklärt Mathias Bröckers, Gründer des HanfHauses. „Wir wollen einen Überblick darüber schaffen, wo schon Hanf angebaut wird, was daraus gemacht wird und welche Produkte es schon am Markt gibt.“ Um dieses Ziel sowohl für Fachleute als auch für interessierte Laien zu erreichen, gliedert sich die Veranstaltung in drei Bereiche:
Es wird zum einen eine Expo und einen Hanfmakt geben, die sich an alle Interessenten richten; während im Expoteil der Stand der Verfahren, Technik und Entwicklung zu besichtigen sein wird, wird man auf dem Hanfmarkt die Hanfprodukte kaufen können, die es schon gibt. Zum anderen wird eine Konferenz stattfinden, in deren Verlauf an drei Tagen Experten aus Theorie und Praxis berichten werden.
Ergänzt wird das Angebot durch ein Rahmenprogramm mit Kultur, Ausstellungen und Musik. Mit dieser Mischung hoffen die Veranstalter eine Informations- und Kontaktbörse für Landwirtschaft, verarbeitende Industrie und Handel zu schaffen und darüber hinaus eine möglichst breite Öffentlichkeit über das ökologische Potential des nachwachsenden Rohstoffs zu informieren.
Dabei erhalten die Veranstalter prominente Unterstützung: Eröffnet wird die „Ernte '96“ von Brandenburgs Landwirtschaftsminister Matthias Platzeck, und die Schirmherrschaft übernahm Berlins Umweltsenator Peter Strieder (SPD). Achmed Khammas, der für die Organisation der Messe zuständig ist, erwartet für den Konferenzteil etwa 300 Teilnehmer, die sich am ersten Tag schwerpunktmäßig über „Hanfbasierte Kreislaufwirtschaften“ unterhalten werden. Erfahrungen, Probleme und Perspektiven der bestehenden Projekte, unter denen die in Berlin und Brandenburg eine Vorreiterrolle einnehmen, werden hier diskutiert. Der zweite Tag befaßt sich schwerpunktmäßig mit der allmählichen Rehabilitierung der Hanfmedizin: Hier werden der neueste Stand der Wissenschaft sowie die jüngsten Heilungserfahrungen vorgestellt. Am dritten Tag soll im Lichte der Ergebnisse der Vortage hinterfragt werden, wie eine Cannabis-Prohibition im einundzwanzigsten Jahrhundern noch gerechtfertigt werden kann; es wird erörtert werden, wie ein Weg zur Entkriminalisierung gefunden werden kann. Wer an allen Vorträgen teilnehmen will, muß 140 Mark anlegen.
Auf der Expo wird es hingegen (bei einem Eintrittspreis von 5 Mark) weniger theoretisch zugehen. Khammas schätzt, daß sich von Hanfbier, Hanfdönern und Hanfkleidung „wahrscheinlich ein paar tausend“ Neugierige angezogen fühlen werden, die nicht zum professionellen Hanfklüngel gehören: „Die Sache spricht sich rum. Im Radio wird ständig der Trailer gedudelt, und im Organisationsbüro vergeht seit Ende August kein Tag ohne Anfragen von Zeitungsredaktionen, Rundfunk und Fernsehen.“
Wenn ein Interesse in dem Maße vorhanden ist, wie es sich jetzt schon ankündigt, soll die „Ernte“ von nun an jährlich fortgesetzt werden. Martin Kaluza
Infos: Tel. (030) 6149884
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