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Zweiblick

Ähnlich wie der englische Gebrauchtbuchhändler Berridge (siehe oben) verkauft auch Frank Lüdtke seine Ware in einer Attitüde zwischen Pragmatismus und Lebenskunst: „Wenn schon nicht auswandern, dann wenigstens weg aus Hannover“, war vor zwölf Jahren der entscheidende Impuls, der Lüdtke nach Hamburg und zur Eröffnung des abs-Gebrauchtbuchladens in der Großen Bergstraße trieb.

Für den Buchhandel durch nichts anderes qualifiziert als die schulisch bezeugte Neigung „liest gern“, ist Lüdtke heute der Motor eines kleinen, dafür aber um so konsequenteren „Independent- Imperiums“, das neben Labels wie „Echo Beach“ seit dem 1. August „Crime art ltd.“, einen Buch- und CD-Laden mit klarem Avantgardeprofil an der Grindelallee in die Welt gesetzt hat.

„Kapitalreserven?“ Für die zehn Mitbetreiber, die alle umschichtig im Laden stehen, ein Fremdwort. „Das muß sich sofort rechnen“, will sagen, „so etwas wie das erste Gehalt ist vielleicht Weihnachten in Sicht.“

Gebrauchtes in erstklassigem Zustand steht in den Regalen. Der Schwerpunkt liegt neben der Belletristik in den Bereichen Kunst, Theater, Politik, eine Philosophieabteilung ist im Aufbau. „Exotica sind Pflicht“, beschreibt Lüdtke das Programm in Kurzform. Die Auswahl über Neuankäufe trifft, wer gerade im Laden steht. „So lange dabei keiner abkotzt, brauchen wir keinen Konsens“, und das heißt etwa bei CDs: die neueste REM ja, Michael Jackson nein, und wenn einer findet, daß ein Buch wichtig ist, „dann kann das ruhig mal zehn Jahre im Regal stehen“.

Das Firmenlogo „crime art“ erklärt Lüdtke diskret mit „historisch gewachsen“. Programmatisch offensichtlicher ist der seit der Ladenrenovierung (angekettet) im Schaufenster drapierte Vorschlaghammer.

„Kultur muß eben manchmal weh tun,“ meint Frank Lüdtke und läßt offen, ob er Produzenten, Verkäufer oder Konsumenten meint.

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