: Vergewaltigung bei Hafturlaub
■ Häftling soll Ehefrau eines Kollegen vergewaltigt haben
Nach seinem halbtägigen Hafturlaub am vergangenen Freitag ist der 38jährige Bernd S. nicht wie vorgeschrieben um 22 Uhr in die Sozialtherapeutische Anstalt zurückgekehrt. Als er in derselben Nacht festgenommen wurde, soll er die Ehefrau eines Mithäftlings vergewaltigt haben, die jetzt im Krankenhaus liegt. Der Tatverdächtige genoß bereits seit einem Jahr Vollzugslockerungen, ab Dezember winkten Freigänge, für den kommenden März stand die Entlassung an.
Seine kriminelle Vergangenheit ist nicht unerheblich: 1983 wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt, nachdem er im Alkoholrausch eine alte Frau, die ihn beschimpfte, erstochen hatte. Gerade wieder auf freiem Fuß, hat er sich im Frühjahr 1992 mit mehreren Kollegen betrunken und daraufhin einen Mann mit einem Messer bedroht, um ihm die Brieftasche abzunehmen. Nach dem Raub versetzte er dem Opfer noch einen Schlag.
Die Taten von S. fanden alle nach erheblichem Alkoholkonsum statt. Mit klarem Kopf scheint er ganz umgänglich zu sein, machte gute Fortschritte bei der Therapie, daß sein Therapeut sich „sehr zufrieden mit ihm“ äußerte. Aufgrund dieser Erfolge und der anstehenden Haftentlassung im März 1997 wurden seit August letzten Jahres Vollzugslockerungen eingeführt.
„Man muß ganz klar sehen, daß Freigänge für die Häftlinge nötig sind, um sie wieder an das Leben draußen zu gewöhnen“, sagte Corinna Bischoff, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Justiz. Die Häftlinge müßten beispielsweise lernen, ihre Behördengänge zu übernehmen. „Es wird wirklich sehr gründlich geprüft, bevor einer der Häftlinge rausgelassen wird“, sagte Bischoff.
Derzeit ist die Stimmung so angespannt, daß Haftverschärfungen drohen; die Forderungen gehen hin bis zur Zwangskastration von Triebtätern. „Dafür kann ja wohl niemand ernsthaft sein“, empörte sich Corinna Bischoff, auch wenn es sicherlich Triebtäter gebe, bei denen man nicht wisse, wie es weitergeht. „Bei dem Fraglichen handelt es sich aber nicht um einen Triebtäter“, so die Pressesprecherin.
Der Tatverdächtige ist mit der Ehefrau bekannt, war sogar ihr Trauzeuge. Jetzt sitzt er erneut in Untersuchungshaft, ihm droht eine Anklage wegen Vergewaltigung. Ute Sander
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen