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Der Pakt mit dem Staat

Das Land will einen Reformpakt für die Unis. Die Idee hat an den Universitäten viele Freunde, weil sie Budgetautonomie brächte. Eingriffe der Wissenschaftsverwaltung gefährden das Modell  ■ Von Christian Füller

Soviel Einigkeit war nie – egal, ob man StudentInnen oder den Wissenschaftssenator, Koalition oder Opposition fragt. Es gibt eine gemeinsame Vorstellung, wie die finanzielle Zukunft der Unis aussehen könnte: Das sogenannte Kennziffernsystem, das die Niederlande schon lange praktizieren.

Kern des Modells ist ein Vertrag zwischen Hochschule und Staat, der folgendes vorsieht: Finanzielle Zuwendungen gibt es nur abhängig von der Leistung. Und die wird mit sogenannten Kennziffern vergleichbar gemacht. Die neuen Maßeinheiten sollen zum Beispiel Auskunft darüber geben, wieviel Studis die Hochschule aufgenommen und mit einem Diplom wieder entlassen hat oder welche Qualität Lehre und Forschung haben. Abhängig von diesen Kennziffern erhält der fürs Geld zuständige Universitätskanzler dann seine Zuweisungen. Der Staatszuschuß, bislang die einzige pauschale Einnahmequelle der Unis, wird auf einen Sockelbetrag zurückgeführt.

Erste konkrete Schritte zum Kennziffernsystem sind bereits unternommen. Die Wissenschaftsverwaltung und die drei Universitäten haben mit dem „Hochschulinformationssystem“ in Hannover vereinbart, daß die Beratungsgesellschaft für Berlin ein Modell entwirft. Die Ergebnisse der Hochschulforscher aus Hannover, die im Juni 1997 vorliegen werden, sollen Teil des „Spar- und Reformpakts“ werden, den Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) den Hochschulen angeboten hat (siehe Kasten links).

Die Einführung des Kennziffernsystems werde drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen, schätzt dagegen Traugott Klose von der FU. Klose, einer der versiertesten Hochschulplaner der Stadt, weiß, wieviel Mühe es kostet, die altehrwürdige Kameralistik zu ersetzen. Das ist die bisher angewandte Methode des Haushaltens: „Was dabei ausgewiesen wird, hat nicht unbedingt mit den Leistungen und Aufgaben einer Hochschule zu tun.“ Kloses Arbeitgeber, die Freie Universität, hat bereits im Frühjahr 1995 begonnen, eine Kosten- und Leistungsrechnung einzuführen, die Grundlage eines jeden Kennziffernmodells.

Die FU ist damit eine der ersten Unis in Deutschland überhaupt, die annähernd Informationen über Kosten hat: etwa, wie ein Studienplatz haushälterisch zu bewerten ist. Das Hochschulland Berlin ist als Ganzes aber weit zurück im bundesdeutschen Vergleich. In einer Befragung der Kultusministerkonferenz gestand die Wissenschaftsverwaltung unumwunden ein: An der Spree erhalten die Unis ihr Geld nicht nach Leistung, sondern nach „anderen Kriterien“. Willkür heiße das entscheidende Kriterium der Wissenschaftsbürokratie, meinen Kritiker wie Bernd Fick von der Technischen Universität.

Fick gehört zu jenen in den Universitäten, die einen Pakt mit dem Staat grundsätzlich befürworten. „Aber das darf kein Vertrag werden wie zwischen Eltern und einem minderjährigen Kind“, fordert er. Solange die Wissenschaftsbeamten in die Uni hineinregieren könnten, mache ein Vertrag keinen Sinn. Bestes Beispiel dafür: Die Wissenschaftsverwaltung hat alternative Vorschläge der TU schlicht abgelehnt, die ohne den Abbau von Studienplätzen die erforderlichen Sparbeiträge der TU tatsächlich erbracht hätten. Die Beamten in der Brettschneiderstraße wollen lieber Professoren abbauen, antstatt Mietobjekte aufzugeben, wie es die TU wollte.

Dennoch ist Fick für das Kennziffernmodell. Denn nur die Hochschule selbst könne Qualitätsparameter wie „Studienzufriedenheit“ sinnvoll definieren. An solch einem selbstgewählten Profil ist sie dann auch meßbar. Ein heilsamer Druck für die Unis: „Der Laden ist dann geradezu gezwungen, zu sagen, wo er eigentlich hin will“, meint Fick, für welche Berufsfelder er ausbilde oder welchen Sinn Umweltforschung habe.

Beinahe in allen Senatsverwaltungen wird über Vertragsmodelle nachgedacht: Die Schulen „in erweiterter Verantwortung“ beruhen auf dem Prinzip der (teilweisen) Budgetautonomie. Nicht anders die „Zielvereinbarungen“ in den Bezirken oder die „Leistungsverträge“, die die Wohlfahrtsverbände wünschen. Ob das System bei den Hochschulen klappen wird, bezweifelt so mancher. Das Haushaltsstrukturgesetz enthält nämlich nicht nur Bestimmungen nach mehr Finanzautonomie für die Hochschulen. Dort sind auch zusätzliche Eingriffsrechte für die Brettschneiderstraße kodifiziert.

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