„Es ist Sonderschicht, und keiner geht hin“

■ Der Betriebsratsvorsitzende von Mercedes-Benz, Karl Feuerstein, kündigt das Ende der Sonderschichten an den Auto-Bändern an, wenn der Lohn im Krankheitsfall gekürzt wird

Als glatten Vertragsbruch hat Karl Feuerstein von der Automobiltochter Mercedes-Benz die Ankündigung des Daimler-Mutterhauses bezeichnet, ab 1. Oktober im Krankheitsfall nur noch 80 Prozent des Lohns zu zahlen. Die taz sprach mit ihm über die Konsequenzen.

taz: Der Daimler-Benz-Konzern war doch immer so stolz auf seine Konsenslösungen mit dem Betriebsrat. Jetzt fährt die Konzernspitze auf einmal allein davon. Was ist denn da plötzlich los?

Karl Feuerstein: Also, da war ich am Dienstag auch sehr überrascht. Daß Daimler bei der Kürzung der Lohnfortzahlung mitmachen würde, das war mir klar. Aber daß sie nun die Vorreiterrolle übernehmen, das ist ein starkes Stück. Die fordern ja die anderen Unternehmen geradezu auf, dies auch zu tun.

Wie reagieren Sie darauf?

Gestern habe ich die internen Kostensenkungsgespräche sofort abgebrochen, als ich davon hörte. Nun bin ich auf dem Weg zur Tarifkommission der IG Metall Nordwürttemberg/Nordbaden, dort werden wir uns weitere Schritte überlegen. Das ist ja schließlich kein Daimler-Problem allein.

... und solange wird bei Daimler weitergearbeitet?

Stell dir vor, es ist Sonderschicht und keiner geht hin. Wir können natürlich nicht dazu aufrufen, die vereinbarten Sonderschichten am Wochenende in Bremen und Stuttgart zu boykottieren. Das wäre ja ebenfalls Tarifvertragsbruch, so wie ihn die Konzernleitung jetzt begehen will. Aber ich kann mir vorstellen, daß die Belegschaft dort am Samstag einfach nicht erscheint. Da bin ich mir sogar ziemlich sicher.

Was steht im Tarifvertrag?

Das ist in Nordwürttemberg ganz eindeutig formuliert. Im Krankheitsfall ist Lohnfortzahlung vereinbart. In anderen Tarifverträgen ist das leider nicht so eindeutig festgelegt. Dort wird nur auf die Gesetzgebung verwiesen.

Wird es nun, je nachdem, unterschiedliche Regelungen geben?

Nein, nein, das ist doch keine Lösung. Wir müssen mit den Arbeitgebern eine gemeinsame Lösung finden. Und zwar schnell. Da muß schließlich auch die andere Seite ein großes Interesse daran haben.

Warum?

Weil beispielsweise die Daimler-Belegschaft in Bremen bereits ihre frühere Zusage, Überstunden zu arbeiten, wieder abgesagt hat.

Dann ist die Stimmung ja prima.

Das können Sie sich vorstellen! Stinksauer sind die dort! Interview: Philipp Maußhardt