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Nicht ängstlich, aber etwas nervös

■ Chance für die Maskes in spe: Heute finden die Hamburger Amateurbox-Meisterschaften statt

Der Andrang war nicht besonders groß. Gerade einmal 66 Boxer hatten sich zu den diesjährigen Hamburger Meisterschaften gemeldet. Dabei boxen in Hamburg und Umgebung knapp 1 000 Männer in 17 Vereinen. Nach der Vorrunde sind 30 Kämpfer übrig geblieben, die heute abend in der Sporthalle Haubachstraße die Finals bestreiten. Nicht alle dürfen um einen der sieben Titel kämpfen: 16 Teilnehmer starten in der B-Kategorie. Die sogenannten „Turnierboxer“ haben bislang weniger als acht offizielle Kämpfe bestritten und müssen sich deshalb noch etwas gedulden, bis sie um Meisterschaftsehren boxen können.

Auch Sascha Suckstorff und Thorsten Urban steigen als B-Boxer in den Ring. Mit dem Boxen angefangen haben sie vor drei Monaten. Kein Wunder, daß Suckstorff, der 23jährige Halbmittelgewichtler (bis 71 Kilogramm), erst zwei eingetragene Kämpfe bestritten hat. Für Urban, der im Halbschwergewicht (bis 81 Kilogramm) antritt, ist das B-Finale sogar eine Premiere. „Meine Vorrundengegner sind nicht angetreten“, kann sich der 32jährige ein Lächeln nicht verkneifen.

Zwei- bis dreimal pro Woche trainieren die beiden im Keller der Gaststätte „Micky Mouse“ auf St. Georg. „Die Arbeit beim Boxen teilt sich so auf“, erklärt Glas- und Fassadenreiniger Suckstorff, „50 Prozent sind Kopf, 25 Prozent Arme und 25 Prozent Beine.“ Was macht der Dötz? „Der Kopf ist am wichtigsten, du brauchst Konzentration, um planvoll schlagen und die Übersicht über den Kampf bewahren zu können.“

Dieses Ziel hat auch Späteinsteiger Urban, der sich für das Boxen entschieden hat, weil „ich etwas für meinen Körper tun möchte.“ Außerdem findet es der Karosseriebauer gut, sich im Notfall besser verteidigen zu können: „Das heißt aber nicht, daß ich Streit suche.“

Dank des Profibox-Booms erleben auch die Amateurvereine neuerdings einen größeren Zulauf. „Wir haben schon von der Popularität eines Henry Maske profitiert“, gibt Karl-Heinz Schnoor, Sportwart des Hamburger Box-Verbandes, gerne zu, „allerdings begeistern sich lediglich die Anfänger in erster Linie für die Kultathleten.“ Die Fortgeschritteneren orientieren sich an anderen Dingen: „Die wollen vor allem die schwierige Technik des Boxens erlernen.“

Mit einfach mal draufhauen kommt man beim Amateurboxen nicht weit, das sich deutlich vom Berufskämpfen unterscheidet. Bei den Amateuren hat der Unparteiische mehr Eingriffsmöglichkeiten. Nach harten Schlägen unterbricht er sofort und zählt an. Bei den Profis würden zu viele Unterbrechungen stören. „Die sind nicht publikumswirksam“, weiß Schnoor.

Auch ein Knockout kommt bei den Amateuren selten vor, auch deshalb, weil sie im Gegensatz zu den Preisboxern einen Kopfschutz tragen müssen. Sieht nicht schön aus, verringert aber die Verletzungsgefahr.

Um körperliche Schäden zu vermeiden, wird auch die Kampfdauer modifiziert. Von 1997 an wird es nur noch fünf Runden a zwei Minuten geben, statt – wie bisher – drei Runden a drei Minuten. Offizielle Begründung: Die Verletzungsgefahr sei in der dritten Minute am größten. Box-Funktionär Schnoor will das nicht recht einleuchten: „Diese Kampfzeit bevorzugt die Trainingsfaulen.“

In der Kritik steht auch das Bewertungssystem. Denn die elektrische Punktmaschine, der Pointer, schließt Fehlurteile nicht aus. Vor allem wertet sie nur die Treffer, wenn drei der fünf Kampfrichter gleichzeitig für eine gelungene Aktion den Knopf gedrückt haben. Bessere Technik, Taktik, oder Schlagkombinationen? – all das fällt unter den Kampfrichtertisch.

Für Suckstorff und Urban sind diese Diskussionen relativ unwichtig. Sie konzentrieren sich lieber auf ihre Kämpfe heute abend. Angst hätten sie nicht, sagen die Box-Novizen unisono, „nervös ist man aber schon.“

Sönke Mones

Die Finals um die Hamburger Meisterschaften beginnnen heute um 20.15 Uhr in der Polizeisporthalle Haubachstraße (Altona).

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