Kubus mit Swimmingpool

Im Neubaubezirk Hellersdorf will ein Vater seit der Wende eine Waldorfschule aufbauen. Für das Phantasieprojekt gibt es kaum Rückenwind  ■ Von Kathi Seefeld

Blumenzwiebeln stecken, Möbel bauen, Hasen züchten: so stellt sich Lutz Reineke seine Waldorfschule vor. Vor ein paar Jahren, unmittelbar nach der Wende, „als man sich noch ganz spontan in der Kirche treffen konnte“, fing der Hellersdorfer mit dem Rauschebart an zu planen. Damals zählte der frischgegründete Mahlsdorfer Schulbildungsverein immerhin noch „etliche Mitglieder“.

Eltern und waldorfinteressierte Lehrer suchten nach einer Alternative zur Staatsschule. Weniger zu der, die sie aus DDR-Zeiten kannten, als zu jener, die sie im geeinten Deutschland erwarteten, gibt Jochen Langer zu verstehen. Er ist ein Freund des Vereins.

Die Hellersdorfer starteten ihre Suche nach einem geeigneten Domizil – ohne Erfolg. Der Plan, die Hälfte des historischen Gebäudes der Mahlsdorfer Schillerschule für eine Waldorfschule zu nutzen, scheiterte am „behindertengerechten Umbau der Zehnklassen- Oberschule zur Grundschule“, wie Reineke bemerkt. Inzwischen ist der Mann ohnehin allein auf weiter Flur. Daß kaum noch Eltern, geschweige denn Lehrer im Schulbildungsverein Mahlsdorf aktiv sind, erschüttert Reineke allerdings wenig: „Sowie wir ein geeignetes Objekt für unser Waldorfzentrum haben, sind alle wieder da.“

Ein Dach überm Kopf hätten Waldorfschüler in Hellersdorf bis heute nicht. „Diese Kita in der Hoyerswerdaer Straße steht seit einiger Zeit leer“, erzählt Reineke und zeigt auf einen tristen, grauen Plattenbau gleich bei der U-Bahn- Station. „Die hätte uns der Bezirk zur Verfügung stellen können. Für 280 Kinder in sechs Klassen.“

Egal wie die Wirklichkeit aussieht, Reineke träumt weiter: Vor seiner Schule sieht er eine Turnhalle mit Swimmingpool für die Lehrer. Die Freifläche zwischen zwei Kita-Trakten soll überdacht und mit einer waldorftypischen „Kubusstruktur“ gekrönt werden. Und natürlich gehe gar nichts ohne Solaranlage, ergänzt Jochen Langer. Woher die enormen Summen für den Schulbau kommen sollen, ist für die beiden vorerst kein Thema. Potentielle Sponsoren seien in Hellersdorf vorhanden. Reinekes Motto: „Es wird so nach und nach.“

Daß es wird, das Waldorfprojekt an der Peripherie, bezweifeln nicht wenige der Hellersdorfer Bezirksverordneten. Für eine christlich orientierte Privatschule, wie der Schulbildungsverein sein Projekt versteht, gibt es keine breite Basis unter der atheistisch geprägten Elternschaft. Übrige Zeit oder Geld hat auch niemand. Doch Lutz Reineke glaubt zu wissen, wo der Feind sitzt: „Die PDS ist die einzige Partei, die uns hier nicht will.“ Dort wisse man über die Steinersche Lehre nur das, was Jutta Ditfurth von sich gegeben habe. Und die sprach von „Öko-Faschisten“.

Salom Kirsten, parteilose Jugendstadträtin bei der PDS, verweist auf Beschlüsse, die noch vor ihrer Amtszeit gefaßt wurden. „Dort ist entschieden worden, eine bestimmte Zahl von Kindertagesstätten, die nicht mehr benötigt werden, an freie Träger abzugeben. Für Kinder- und Jugendarbeit.“ Für die leerstehende Kita in der Hoyerswerdaer Straße war ein Projekt für betreutes Wohnen vorgesehen.

Dem geplanten Wohnprojekt hat die Berliner Haushaltssperre den Garaus gemacht. Das allerdings wurde erst diesen Sommer klar. Auch andere freie Träger aus der Kinder- und Jugendhilfe, die das Gebäude hätten nutzen können, sprangen ab. Bei der Bezirksversammlung läßt man noch verlauten, daß die Kita seit Anfang dieser Woche in die Zuständigkeit des Grundstücksamtes übergegangen sei. Das Verwirrspiel geht in die nächste Runde.

Daß der Mahlsdorfer Schulbildungsverein außer vollmundigen Versprechen überhaupt Unterstützung durch das Bezirksamt erfahren könnte, bezweifelt Jugendstadträtin Kirsten. Nach Gesprächen mit dem zuständigen CDU- Bildungsstadtrat sei sie persönlich zu der Auffassung gekommen, die Waldorffreunde in Hellersdorf agierten „ohne schlüssiges Konzept“. Von einer grundsätzlich ablehnenden Haltung gegenüber alternativen Schulkonzepten will sie nichts wissen.