: Nicht alle Unternehmer auf hartem Kurs
■ Die Reihen der Arbeitgeber sind alles andere als geschlossen: Firmen wie BMW oder Audi ist die Lohnfortzahlung für Kranke das falsche Mittel, um die Gewerkschaften zur Machtprobe herauszufordern
München (rtr) – Für IG-Metall- Chef Klaus Zwickel ist die Sache klar: Mit den angekündigten Kürzungen der Lohnfortzahlung für Kranke schneiden sich die Arbeitgeber ins eigene Fleisch. Der Streit werde den Konzernen an Einsparungen weit weniger bringen, als sie wegen der Produktionsausfälle durch Arbeitnehmerproteste draufzahlen müßten, prognostiziert Zwickel. Bei Mercedes-Benz kann die Unternehmensführung nach dem Wochenende schon einmal eine erste Bilanz ziehen. Zwickel drohte, die Metaller würden den Betrieben viel Sand ins Getriebe schütten, die auf Härte setzen. Eine Reihe von Firmen fürchtet gerade das und macht den harten Kurs ihrer Verbände nicht mit.
Die Reihen der Arbeitgeber sind alles andere als geschlossen. Daran ändert nichts, daß Daimler- Chef Jürgen Schrempp die harte Linie trotz der Arbeitsverweigerung Zehntausender seiner Beschäftigten vehement verteidigt. „Wenn es um die Verbesserung unserer Konkurrenzfähigkeit geht, sollten wir alle Überzeugungstäter sein“, sagte er im Focus.
Doch manchen von Schrempps Kollegen ist die Lohnfortzahlung für Kranke das falsche Mittel, um die Gewerkschaften zur Machtprobe herauszufordern. BMW beispielsweise verzichtet „im Interesse des innerbetrieblichen Friedens“ erst einmal darauf, die Lohnfortzahlung zu kappen. Und auch bei Audi kündigt sich eine ähnliche Haltung an. Sowohl BMW-Chef Bernd Pischetsrieder als auch Audi-Chef Herbert Demel sehen, wie sie sagten, die Lohnfortzahlung als ungeeignetes Symbol, um daran die deutsche Konkurrenzkraft zu stärken. Demel kritisiert den Streit darum als „Hauen und Stechen“, mit dem lediglich polarisiert werde, nicht aber Lösungen gefunden werden.
Arbeitgeber, die gegen die harte Linie ihrer Verbände handeln, werden von den Gewerkschaften geschont. „Wer nicht kürzt, bei dem gibt es keinen Grund für Aktionen der Beschäftigten, so Zwickel zum Fall BMW. Und der bayerische Landesvorsitzende Werner Neugebauer erzählt, daß viele Unternehmer im trauten Zwiegespräch durchaus Vorbehalte gegen die Arbeitgeberlinie äußerten. Manager wie Schrempp oder Siemens-Chef Heinrich von Pierer sind für Zwickel inzwischen „Klassenkämpfer des Kapitals“, die in ihren Unternehmen nicht mehr weiter wissen und daher die Machtprobe mit den Gewerkschaften riskierten. Dabei gehe es um eine Grundsäule des Sozialstaates. Die Gewerkschaften seien daher zu allem bereit, einschließlich Streik. Die Vorbereitungen laufen bereits, hört man in Gewerkschaftskreisen. Gernot Heller
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