piwik no script img

Forum-Hotel duldet keinen Kritiker

■ Betriebsratsvorsitzender soll des Amtes enthoben werden, weil er in der taz Raumvergabe an Scientology moniert hatte

Das Forum-Hotel am Alexanderplatz duldet zwar Scientologen, aber keine Kritiker. Wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) gestern mitteilte, habe die Geschäftsführung des Hotels ein Beschlußverfahren zur Amtsenthebung des Betriebsratsvorsitzenden Andreas Schlenz eingeleitet. Begründet wurde dieser Schritt nach Angaben von NGG- Vertreter Sebastian Riesner von der Geschäftsführung damit, daß Schlenz in der taz die Vermietung von Hotelräumen an eine Scientology-Organisation im April kritisiert habe.

Schlenz hatte angesichts der Tagung der Scientology-Organisation „World Flag Tour“ im Forum Hotel der Geschäftsführung „unverantwortliches Verhalten“ und „gesellschaftspolitisches Desinteresse“ vorgeworfen. Gegenüber der taz hatte er erklärt, er habe die Entscheidung des Hotels, Räume an den Sektenkonzern zu vermieten, mit „Bestürzung zur Kenntnis“ genommen.

Auch die sektenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Renate Rennebach, hatte das Forum-Hotel damals in einem offenen Brief aufgefordert, „die Entscheidung zu überdenken“. Bereits 1994 hätten die Innenminister der Länder festgestellt, daß es sich bei Scientology um eine Organisation handelt, „die unter dem Deckmantel einer Religionsgemeinschaft Elemente der Wirtschaftskriminalität und des Psychoterrors gegenüber ihren Mitgliedern mit wirtschaftlichen Betätigungen und sektiererischen Einschlägen vereint“.

Nach Angaben der NGG wirft die Geschäftsführung des Forum- Hotels dem Betriebsratsvorsitzenden nun vor, mit der Kritik der Hotelleitung „eine parteipolitische Äußerung“ abgegeben zu haben, die gegen die Betriebsverfassung verstoße. Gleichwohl räumt Riesner dem Vorhaben des Forum-Hotels wenig Chancen ein. Die Entscheidung des Amtsgerichts, das für das Verfahren einer Amtsenthebung zuständig ist, wird für kommenden Mittwoch erwartet.

Weil Schlenz nach Angaben von Riesner „für seine konsequente Haltung bei der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten gefürchtet“ sei, vermutet der NGG-Vertreter deshalb einen Rachefeldzug gegen den Betriebsratsvorsitzenden. Dabei würden auch die anstehenden Tarifverhandlungen in der Hotelbranche eine Rolle spielen. Schlenz sei Vorsitzender der Wirtschaftsgruppe, in der sämtliche Betriebsräte aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe zusammenarbeiteten.

Die Direktorin des Forum-Hotels, Christine Engel, ließ gestern erklären, daß sie „über Personalangelegenheiten, die die Mitarbeiter betreffen, keine Aussagen machen werde“. Frank Fölsch/Uwe Rada

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen