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Zentrale ohne Ökokonzept

Sony hat gestern den Grundstein für seinen Milliardenbau am Potsdamer Platz gelegt – ohne Plan zur Reduzierung des Energieverbrauchs  ■ Von H.-J. Tenhagen

Berlin (taz) – Sony baut sein neues Europahauptquartier ohne fertiges Konzept, zumindest ohne ökologisches. Der Unterhaltungskonzern hat gestern den Grundstein für seinen 130.000-Quadratmeter-Büro- und -Unterhaltungskomplex in Berlin gelegt, doch viele, gerade auch ökologische Fragen, blieben offen. Sony-Sprecherin Karin Püttmann beharrte zwar darauf, daß der Konzern „sich ökologisch engagiert“, ein ökologisches Konzept für den Potsdamer Platz aber „haben wir noch nicht fertig“.

Vor allem ist nach wie vor nicht gesichert, daß sich Sony an der vorbildlichen Energieplanung der Investoren am Potsdamer Platz beteiligt. Der Berliner Stromkonzern Bewag hatte eine optimierte Fernwärme- und Kälteversorgung angeboten, die den Verbrauch von Energie um über 30 Prozent senken soll. Sonys Nachbar debis rechnet in Werbebroschüren vor, daß die Daimler-Tochter allein durch diese Planung am Potsdamer Platz jährlich 48.000 Tonnen Kohlendioxid weniger in die Luft bläst – soviel, wie 9.600 Einfamilienhäuser normalerweise emittieren. Der Energieverbrauch für die debis-Büros soll auf respektable 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr gesenkt werden.

Sony hat noch keinen Vertrag mit der Bewag unterschrieben. Der Konzern saß zwar mit am Tisch, als die Energieplanung für den Potsdamer Platz gemeinsam mit debis, Hertie, ABB, Roland Ernst und der Bewag besprochen wurde. Schon damals aber hatten andere Parteien den Eindruck, „daß die noch nicht soweit sind“. Der Senat hatte trotz der zögerlichen Haltung von Sony nach diesen Gesprächen darauf verzichtet, seine gesetzlichen Möglichkeiten auszunutzen, die Investoren zu einer besonders energiesparenden Planung zu verpflichten.

Bei der Bewag hat man den Großkunden Sony noch nicht verloren gegeben. Planung und Bau des Stromkonzerns sind für alle fünf Investoren ausgelegt. „Wir verhandeln intensiv über einen Vertrag“, sagte Bewag-Sprecher Siegfried Knopf auf Nachfrage.

Die neue Bürostadt am Potsdamer Platz soll mit Fernwärme aus dem frisch modernisierten Heizkraftwerk Berlin-Mitte versorgt werden. Im Sommer kann die Abwärme des Kraftwerks Mitte mit Hilfe einer jetzt am Potsdamer Platz im Bau befindlichen Kälteabsorptionsanlage für die Kühlung der Bauten genutzt werden. Allein die Kälteanlage kostet die Bewag 168 Millionen Mark. Die klassischen Kühlanlagen für die Hochhäuser am Potsdamer Platz werden so überflüssig. Der dafür eingeplante Raum kann von den Investoren für weitere Büros genutzt werden. Außerdem sparen die angeschlossenen Unternehmen den Strom für die Kühlung.

Nicht nur die debis-Leute, die am Konzept mitgebastelt haben, sind des Lobes voll über die Energieplanung. Auch sonst der Bewag durchaus kritisch gegenüberstehende Geister wie Hartwig Berger, energiepolitischer Sprecher der Bündnisgrünen in Berlin, finden die Bewag-Planung am Potsdamer Platz ausgezeichnet. Und Sony?

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