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Die Bezahlung des Kindergeldes ist offen

■ Carl-Ludwig Thiele (FDP), Vorsitzender des Finanzausschusses, zur Steuerdebatte

taz: Bei den Verhandlungen über das Jahressteuergesetz 1997 ist es zwar zu einem Ergebnis gekommen, aber nicht zu einer Einigung. Die Koalition kann die Verschiebung des Kindergeldes nicht durchsetzen,die SPD nicht die Beibehaltung der Vermögenssteuer. Ist das nicht ein Armutszeugnis?

Carl-Ludwig Thiele: Der Vorteil der Gespräche von Montag abend war, daß die Gesprächsbereitschaft überhaupt wieder hergestellt worden ist. Danach hat es nach dem Gespräch der vergangenen Woche nicht ausgesehen. Die vorgesehene Verschiebung der Kindergelderhöhung um ein Jahr war nicht schön. Aber dafür hat die SPD schließlich einen Verzicht auf die Vermögenssteuer akzeptiert.

Nach dem bisherigen Ergebnis der Verhandlungen fehlen der öffentlichen Hand im nächsten Jahr etwa 9 Milliarden Mark Einnahmen aus der Vermögenssteuer. Außerdem hat sie 3,5 Milliarden Mark Mehrausgaben durch das Kindergeld. Wo soll das Geld dafür herkommen?

Die Abschaffung privater Vermögenssteuer wird völlig durch ein höheres Aufkommen bei der Erbschaftssteuer kompensiert ...

Aber das bringt doch nur 1,6 Milliarden, während die private Vermögenssteuer etwa drei Milliarden Mark eingebracht hat.

Die Nettoeinnahme hat nur 1,6 Milliarden betragen. Diese wird bei der Erbschaftssteuer auf Vermögen zusätzlich erhoben. Die Differenz war Verwaltungsaufwand.

Und wie wird der Ausfall der betrieblichen Vermögenssteuer kompensiert?

Sie war verfassungswidrig. Also kann man dafür auch keine Kompensation bekommen. Wir sind aber gezwungenermaßen bereit, die Grunderwerbssteuer um einen Punkt zu erhöhen. Das bringt etwa 3,5 Milliarden Mark.

Wie bezahlen Sie die Erhöhung des Kindergeldes?

Das ist noch offen.

Am Donnerstag stimmt der Bundestag auf Antrag der SPD darüber ab, ob die Steuerreform schon Anfang 1998 in Kraft treten soll, wie es die SPD, aber auch die FDP fordert. Wie werden Sie abstimmen?

Die Opposition versucht vergeblich, Keile in die Regierungskoalition zu treiben. Wir werden natürlich gegen diesen Antrag stimmen.

Aber wirkt die FDP dann nicht unglaubwürdig?

Die SPD wirkt unglaubwürdig. Die Bürger erkennen, daß die SPD uns nur vorführen will und der Antrag nicht ernst gemeint ist. Interview: Markus Franz

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