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„Jetzt ist Schluß mit witzig!“

■ 8.000 Bremer Metaller demonstrierten für volles Krankengeld / Arbeitgeber bleiben gelassen

„Jetzt wird gestreikt - zur Not ein halbes Jahr.“ Manfred Bhendt von den Dowaldwerken „hat die Schnauze voll“. Damit trifft er die Stimmung der 5.000 Metaller, die sich auf dem Hemelinger Marktplatz lautstark Luft machen. Oder die der 500 Stahlwerker, die sich vor ihren Werkstoren versammeln. Alles in allem etwa 8.000 Bremer Metaller, die gestern die Arbeit ruhen ließen. Und mit diesem bundesweiten Aktionstag an den 16wöchigen Streik für Krankengeld der holsteinischen KollegInnen vor exakt 40 Jahren erinnern.

„Verbrecher, Halsabschneider, Nieten in Nadelstreifen“ - das sind die harmlosesten Beschimpfungen für die Arbeitgeber. Die stehen derweil in leeren Hallen. Bei Mercedes-Benz, bei den Lloyd Dynamowerke, bei STN-Atlas, den Dowaldwerken oder den Bremer Stahlwerken ging gestern fast nichts mehr. Bei Benz liefen 800 Autos weniger vom Band, bei den Stahlwerken waren es 6.000 Tonnen Walzstahl. „Raus auf die Straße, jetzt wird gekämpft“, ist die Devise.

Gekämpft wird für 100 Prozent Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Davor verblaßt alles. Beschäftigungssicherung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Altersteilzeit oder Lohnerhöhung - die Themen der Frankfurter Verhandlungsrunde.

Doch nicht nur die Arbeitgeber bekommen ihr Fett weg in Hemeling. „Diese satten Verhandlungsführer der IG-Metall haben uns verraten“, schimpft Robert Albers von Mercedes. „Wir haben deren Kompromisse satt.“ Andere fordern: „Die sollten uns mal verhandeln lassen.“ Und Manfred Wegener von STN-Atlas setzt noch einen drauf: „Der Modergeruch kommt aus Bonn.“ Wie ungelitten Kanzler Kohl zur Zeit bei den Metallern ist, zeigt ein Plakat. Oben aufgespießt ein Kohlkopf - darunter die Parole: „Muß weg, kann nicht wegdemonstriert, muß weggestreikt werden.“

Doch neben starken Sprüchen, Trillerpfeifen und vereinzelten Plakaten, wird deutlich: Viele der ArbeiterInnen sind verunsichert. So beteiligten sich die FlugzeugbauerInnen der Dasa kaum an den Kundgebungen. Dort hängt das Damoklesschwert des Dolores-Sanierungsprogramms über den Beschäftigten. „Wir haben Kurzarbeit hinter uns, Mercedes hat den Roadster. Das darf man nicht vergessen“, sagt Johann Dahnke vom Betriebsrat. Die vorläufige Zusage des Daimler-Vorstands, weiter 100 Prozent Lohn im Krankheitsfall zu zahlen, tue ihr übriges. Schwer haben es auch die Beschäftigten der kleineren Unternehmen. Jürgen Oltrogge von den Dowaldswerken sorgt sich: „Bei uns arbeiten 70 Leute. Mit Streik richten wir uns selbst zugrunde.“ Umstehende zollen Beifall. Er spricht ihnen aus dem Herzen. Anfeindungen und Befürchtungen, die Dieter Reinken, Geschäftsführer der IG-Metall Bremen „durchaus verstehen“ kann. Schließlich laufen die Tarife für Lohn, Gehalt sowie für Sonderzahlungen und zusätzliche Urlaubsvergütungen zum Jahresende aus. „Darüber muß nun auch in der Küstenregion verhandelt werden.“

Der Zorn der Volksseele ließ die Arbeitgeber gestern kalt. Der Verband Metall Unterweser bezeichnete die Arbeitsniederlegungen als rechtswidrig. Die angebotene Regelung sei „komfortabel und durchaus zumutbar“, hieß es. Schließlich hätten die Arbeiter in den 50er Jahren nicht für die bisherige Form der Lohnfortzahlung gestreikt, sondern für Krankengeld für vier Wochen. Reinhard Bröhl, Vertrauensmann bei Lloyd Dynamo: „Das langt. Jetzt ist Schluß mit witzig.“ Jeti

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