: FDP: Mieterland ist abgebrannt
■ Die liberale Partei liberalisiert mal wieder und schwingt jetzt die Abrißbirne gegen das Mietrecht. Kritik von SPD und CSU
Bonn (taz) – Schon wieder soll eine „grundlegende Reform“ alles viel „einfacher“ machen. Während die Koalition in Bonn derzeit an „Jahrhundertreformen“ von Steuerrecht und Strafgesetzbuch bastelt und das bestehende Rentensystem zur Diskussion stellt, soll nun auch noch eine tiefgreifende Änderung des bestehenden Mietrechts in Angriff genommen werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat dazu gestern in Bonn offiziell ihren einstimmig beschlossenen Entwurf vorgestellt.
Die Eckpunkte des Papiers rütteln an Säulen des bisher geltenden Rechts. So sollen nach den Vorstellungen der FDP Eigentümer ihren Mietern künftig auch „ohne berechtigtes Interesse im Sinne des Gesetzes“ – Klartext: ohne Eigenbedarf – kündigen können. Wer also eine Wohnung verkaufen will, darf seinen Mietern kündigen, um einen höheren Preis zu erzielen. Dafür sind Fristen von mindestens fünf und höchstens acht Jahren vorgesehen. Außerdem soll das Recht von Mietern auf Umwandlung eines Zeitvertrages in einen Vertrag von unbestimmter Dauer entfallen.
Wegfallen sollen auch bisher geltende Obergrenzen für Mieterhöhungen, so lange auf diese Weise nicht der Straftatbestand des Mietwuchers erfüllt wird. Mieter müssen darüber hinaus künftig nach dem Willen der FDP eine Modernisierung ihrer Wohnungen innerhalb bestimmter Standards dulden und die damit verbundene Mieterhöhung in Kauf nehmen. Allerdings sieht das jetzt vorgelegte Konzept vor, die Umlage der Modernisierungskosten von bisher jährlich elf auf acht Prozent zu begrenzen. „Sozial ausgewogen“ nannte Hildebrecht Braun, wohnungspolitischer Sprecher der FDP, gestern den Entwurf. Er führe „Interessen von Mietern und Vermietern“ zusammen.
Kritiker des FDP-Papiers sehen das anders. Der wohnungsbaupolitische Sprecher der CSU, Herbert Frankenhauser, erklärte, der Entwurf sei dazu angetan „breite Mieterschichten zu verunsichern und damit den sozialen Frieden nachhaltig zu stören“. Die Sozialdemokraten haben der FDP vorgeworfen, sie wolle mit der Abrißbirne gegen das soziale Mietrecht vorgehen. „Ihre Vorschläge sind ein Schlag ins Gesicht all derer, die seit Jahren unter steigenden Mieten und einem Mangel an preiswerten Wohnungen leiden“, kritisierte ihr wohnungsbaupolitischer Sprecher, Achim Großmann.
Sein FDP-Kollege Braun hatte die Gesetzesänderungen damit begründet, daß nach einer Entspannung der letzten Jahre in etwa zwei Jahren erneut regionaler Wohnungsmangel drohe. Der Bau von Mietwohnungen müsse für Investoren wieder interessant gemacht werden. Bettina Gaus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen