: Lotto spielen, um kulturelle Vielfalt zu erhalten
■ Kultursenator Radunski meldet „lösbare Schwierigkeiten“. Theater sollen höheren Deckungsgrad erbringen – die Preise sollen aber nicht erhöht werden
Sein größter Wunsch sei der Erhalt der Vielfalt der Kultur, beteuerte Kultursenator Radunski auf der Pressekonferenz zu den bevorstehenden Einsparungen im Kulturhaushalt bis zum Jahr 2000. In diesem Zeitraum soll der Kulturetat um 100 Millionen Mark auf dann jährlich 670 Millionen Mark abgesenkt werden. Radunski, der mehr oder weniger seinem im September vorgestellten „Kreisepapier“ folgte, einer „Zwangsdiät“ für alle Kultursparten, wollte das Ergebnis aus der Klausurtagung zum Sparhaushalt als Erfolg gewertet wissen. Man habe nun Planungssicherheit und müsse bei Kürzungen nicht weiter nach der Rasenmähermethode verfahren.
Mit konkreten Angaben hielt sich der Senator freilich zurück. Es sei nicht seine Absicht, über Einzelsenkungen zu berichten. Radunskis umstrittenes „Kreisepapier“ will die größten Einsparungen bei den drei Opernhäusern (minus 27 Millionen Mark), bei der Leichten Muse (minus 21,6 Millionen Mark) und bei den Sprechtheatern (minus 16,9 Millionen Mark) erzielen.
Nach Auffassung Radunskis sind weitere Einsparungen nicht mit der üblichen Finanzierungsroutine zu bewältigen. Das Sparprogramm sei nicht ohne engere Zusammenarbeit im künstlerischen Bereich denkbar. So werden die drei Opernhäuser enger zusammenrücken müssen. Der Eigenbeitrag vieler Institutionen sei viel zu gering, bei einigen liege er unter vier Prozent. Im Mittelwert lägen die von den Häusern erwirtschafteten Leistungen zwischen zehn und fünfzehn Prozent. Sie müßten auf mindestens zwanzig Prozent erhöht werden, fordert Radunski. Eine Erhöhung der Eintrittspreise schloß Radunski jedoch aus. Viele Häuser seien nicht ausgelastet. Der Senator würde sich freuen, wenn wieder mehr Schüler an das Theater herangeführt würden; das sichere die Besucherstruktur der Zukunft.
Radunski verwies darauf, daß es ihm gelungen sei, die Zuwendungen aus den Lottomitteln, 1995 immerhin 63,5 Millionen Mark, aus den Klauen der Finanzsenatorin zu retten. Diese wollte die Glücksspieleinnahmen in den Finanzhaushalt überführen. Eine rechtliche Grundlage einer solchen Umwidmung ist allerdings kaum gegeben, da Lottomittel nur zweckgebunden an Projekte vergeben werden. Ferner verkündete Radunski die Einstellung der Fördermittel für das Sinfonieorchester Berlin. Mit Intendant Helmut Baumann vom Theater des Westens, der bereits seine Kündigung im Falle weiterer Kürzungen angedroht hatte, glaubt Radunski noch eine Lösung zu finden. Gespart werden könne auch durch den Abriß schon begonnener Bauvorhaben, etwa des Erweiterungsbaues des Museums für Verkehr und Technik. Dort war kürzlich erst der Grundstein gelegt worden. Der Erfolg solcher Absichten steht jedoch in den Sternen. Was heute gespart wird, ist morgen schon verrostet. Harry Nutt
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