piwik no script img

Mut zur Professionalität machen

■ Mit der Verleihung des Kurzfilmpreises „Ursula“ gingen die 7. Lesbisch-Schwulen Filmtage am Sonntag zu Ende

Übermüdet sind sie. Und zufrieden. Knappe elf Tage hatte die Jury der 7. Lesbisch-Schwulen Filmtage Zeit, um aus 59 kurzen Filmen den besten lesbischen und schwulen zu wählen. Am Ende aber waren sich Angelina Maccerone (Deutschland), Giampaolo Marzi (Italien), Hima B. (USA) und Hiroyuki Oki (Japan) einig, wem die Ursula, der Kurzfilm-Preis, gebührt: dem Iren Orla Walsh für Bent Out Of Shape und der Schweizerin Katrin Barben für Casting. Lobend erwähnte die Jury die kanadische Transpirationskomödie Dike von Lisa Hayes und das assoziative Drama um schwule Ikonen, Saint, des Belgiers Bavo de Furne.

Damit wurden ausschließlich 16mm-Produktionen (davon drei europäische) geehrt. „Das heißt nicht, daß keine vielversprechenden Videos zur Auswahl standen“, betonte Hima B., „aber wir wollen Filmemacher und Filmemacherinnen ermutigen, ihre Stoffe professionell umzusetzen!“ Der Festivalsprecherin Dorothée von Diepenbroick kann dies nur recht sein. Zwar bieten die Lesbisch-Schwulen Filmtage seit 1990 die seltene Gelegenheit, gerade auch neueste Video-Produktionen zu sehen, aber, so Diepenbroick, „Kino ist für Filme da, nicht für Videos.“ Dem wolle das Festival in Zukunft konzeptionell stärker Rechnung tragen, und zwar unabhängig davon, ob das höhere Kosten für alle Beteiligten bedeutet und vielleicht auch Produktionen erschwert.

Denn solange Verleiher und Fördergremien offen lesbischen und schwulen Filmemacherinnen und Filmemachern den Zugang zu Geldquellen erschweren, nutzen diese die Präsentation ihrer Filme auf Festivals als Teil ihres Finanzierungskonzeptes. „Verständlich“, meint die für die Festivalfinanzen verantwortliche Ulrike Zimmermann, „aber unser Budget explodiert unter anderem durch steigende Filmmieten!“ Doch an der Richtungsentscheidung für den Film ändert das nichts.

Der Löwenanteil des rund 170.000-Mark-Etats muß durch Eintrittskarten gedeckt werden. Private und Sponsoren-Gelder sowie 25.000 DM aus der Kulturbehörde decken dann eventuell den Restbedarf. Für eine ausgeglichene Bilanz werden dieses Jahr wohl die rund 8.500 Besucher sorgen, deren Begeisterung mehr den Kurzfilmprogrammen und Produktionen wie Sister, My Sister, Female Perversion oder Stonewall galten als den nostalgiehistorischen Retrospektiven zu Dirk Bogarde und Revuefilmen, die ein sehr spezielles Interesse voraussetzten.

Den Publikumspreis erhielt übrigens die Outing-Story des schwulen Playmates Shafer, Man Of The Year, sowie Cheryl Dunye's herausragende Reflexion der eigenen Geschichte als Schwarze, Lesbe und Filmemacherin, Watermelon Woman – ein Video.

Tina Fritsche

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen