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Beutekunst kehrt aus Georgien nach Deutschland zurück

■ Heute werden in Berlin 100.000 Bücher übergeben. Bonn hofft auf Impulse für Verhandlungen mit Rußland

Berlin (AP/AFP) – Knapp 50 Jahre nach ihrem Abtransport aus deutschen Bibliotheken werden heute rund 100.000 Bücher aus Georgien an die Bundesrepublik zurückgegeben. Wie das Auswärtige Amt gestern mitteilte, wird sie Außenminister Klaus Kinkel offiziell bei einer Feierstunde in der Berliner Staatsbibliothek in Empfang nehmen. Die Rückgabe der deutschen Kulturgüter durch die Georgier war bereits in einem bilateralen Abkommen über die kulturelle Zusammenarbeit vom Juni 1993 vorgesehen. Anfang dieses Jahres erhielt Kinkel bei seinem Besuch in Tiflis vom georgischen Staatspräsidenten Eduard Schewardnadse schließlich die Zusage, daß die Bücher noch im Laufe des Jahres die Heimreise antreten sollten. Im September traf die Beutekunst in Deutschland ein.

Die Bücher wurden den Angaben zufolge nach 1947 aus Bibliotheken in Bremen, Hamburg, Lübeck, Magdeburg, Berlin, Meiningen und Wernigerode in die Sowjetunion gebracht. Dort wurden sie über den sowjetischen Staatsfonds für Literatur an interessierte Bibliotheken in dem Riesenreich weiterverteilt. Auf diese Weise gelangten die 100.000 Bücher in die Zentralbibliothek der Georgischen Akademie der Wissenschaften und weitere kleinere Bibliotheken in Tiflis. Es wird vermutet, daß sich noch Millionen weiterer Bücher in anderen GUS-Staaten befinden.

Ältestes Stück unter den Büchern aus Georgien ist ein Frühdruck, eine sogenannte Inkunabel, aus dem Jahre 1493. Andere wertvolle Exemplare sind theologische Bücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert in Pergamenteinbänden und ledergebundene Reisebeschreibungen.

In Bonn wurde begrüßt , daß die Georgier ohne jede Vorbedingung die Rückgabe der Bücher ermöglichten. Das Auswärtige Amt erklärte: „Georgien hat damit ein Zeichen gesetzt, wie die schwierige und historisch belastete Frage der Rückführung von Kulturgütern auf der Grundlage des Völkerrechts (...) gelöst werden kann.“ Bundesaußenminister Klaus Kinkel sagte, er würde sich wünschen, daß auch andere osteuropäische Staaten Beutebücher und andere Güter zurückgäben.

Besonders mit Rußland sind die Verhandlungen äußerst schwierig. Erst im Juli hatte die Duma beschlossen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die UdSSR verschleppten deutschen Kulturgüter zu russischem Eigentum zu erklären. Das Gesetz wurde allerdings durch den Föderationsrat gestoppt, der ihm die notwendige Zustimmung verweigerte, nachdem sich Präsident Boris Jelzin eingeschaltet hatte.

Bundeskanzler Helmut Kohl zeigte sich nach seinem Besuch bei Jelzin im September allerdings zuversichtlich, daß die Frage der Rückführung der Kulturgüter geregelt werden könne. Dabei ließ er durchblicken, daß sich beide Seiten auch darauf einigen könnten, die Beutekunst abwechselnd in Rußland und Deutschland zu präsentieren.

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