piwik no script img

„Bosnier nicht weiter verunsichern“

■ Kriegsflüchtlinge dürfen nun doch bis zum Frühjahr 1997 in Hamburg bleiben

„Niemand muß Angst haben, vor dem kommenden Frühjahr nach Bosnien abgeschoben zu werden“, erklärte gestern der SPD-Abgeordnete Rolf Polle. Mit dieser Zusage faßte er das Ergebnis der SPD-Fraktionssitzung vom Montag abend zusammen. Die sozialdemokratischen ParlamentarierInnen wollten an diesem Abend von Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) wissen, wie Hamburg im Winter mit den Kriegsflüchtlingen verfahren will. Es gelte, so Polle, die Flüchtlinge „nicht weiter zu verunsichern“ und die Rückkehr „berechenbar“ zu machen. Im Gegensatz zu der Praxis in anderen Bundesländern hatte Wrocklage den in Hamburg lebenden Bosniern bisher nicht zugesagt, daß sie auf jeden Fall bis zum März 1997 geduldet würden. Sein Motiv war die „Signalwirkung“. Den Flüchtlingen sollte klargemacht werden, daß eine Rückkehr unumgänglich sei. Dieses Signal, so argumentierten am Montag Fraktionsmitglieder, sei bei den Flüchtlingen doch längst angekommen.

Von der ursprünglichen Absicht, Alleinstehende und Ehepaare ohne minderjährige Kinder schon ab dem 1. Oktober nach Bosnien abzuschieben, hatte Wrocklage bereits Abstand genommen. Für die Wintermonate Dezember, Januar und Februar gilt ohnehin ein Abschiebestopp. Augenblicklich geht es lediglich um 127 von 12.500 Bosniern in Hamburg, die aus sogenannten „sicheren Gebieten“ kommen. 38 von ihnen sind bereits freiwillig zurückgekehrt. Polle ist sich sicher, „daß von den restlichen in diesem Jahr niemand abgeschoben wird.“ Ausgenommen sind straffällig gewordene Flüchtlinge aus Bosnien.

Alle nun auslaufenden Duldungen sollen, so versprach Wrocklage schließlich seinen Parteikollegen, anstandslos bis zum Frühjahr verlängert werden. Zwar ging das einigen SPDlern nicht weit genug – sie verlangten einen garantierten Abschiebestopp bis zum 1.4.97 –, doch insgesamt zeigte sich die Fraktion mit den Zusagen Wrocklages zufrieden. Silke Mertins

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen