Nachgefragt: Schlimmstes befürchten rechnen“
■ Über die Chancen der Togoer vor dem Bremer Verwaltungsgericht
Seit Jahren warten Bremens Togoer auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes über die Anerkennung ihrer Asylanträge. Zuletzt urteilte das Gericht 1994, nachdem Tausende Togoer dem Terror ihrer Heimat entflohen waren. Die meisten erhielten damals ein vorrübergehendes Bleiberecht. Überraschend hat jetzt die Fünfte Kammer acht Togoer geladen; die erste Verhandlung findet nächste Woche statt. Wir sprachen mit ihrem Verteidiger, dem Bremer Anwalt Günter Werner.
taz: Wie beurteilen Sie die Chancen Ihrer Mandanten auf Anerkennung als Asylanten?
Günter Werner, Rechtsanwalt: Das läßt sich natürlich nicht mit Gewißheit voraussagen. Es hängt davon ab, wie das Verwaltungsgericht Bremen die Lage in Togo einschätzt.
Gibt es dazu eine etablierte Meinung bei den Gerichten?
Die bundesweite Tendenz ist uneinheitlich. Die Verwaltungsgerichte im Saarland, in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern vertreten eher die Ansicht, daß die Abschiebung eines Bewerbers dessen Verfolgung in Togo nach sich ziehen könnte; deshalb erkennen sie ihn lieber an. Andere Gerichtsstände, etwa Münster, Lüneburg und Hamburg, erkennen einen Bewerber nur an, wenn er nachweislich politisch in Togo gegen das Regime aktiv gewesen ist.
Ein Sprecher der zuständigen Fünften Kammer am Verwaltungsgericht sagt, daß einige Bremer Richter von einer Normalisierung der politischen Situation in Togo ausgehen.
Das würde mich nicht überraschen. Bei einigen Eilverfahren im Februar dieses Jahres deutete das Gericht schon an, daß es an der Rechtsprechung von 1994 nicht festhalten könne.
Warum?
Das Auswärtige Amt beteuert immer wieder, die Lage in Togo hätte sich beruhigt. Seine Argumentation: Es gebe keine konkreten Hinweise, daß Rückkehrer verfolgt würden. Natürlich ist das Militär nicht so ungeschickt, seine rückkehrenden Landsleute direkt am Flughafen in Gewahrsam zu nehmen. Das geschieht zumeist in Nacht- und Nebel-Aktionen.
Welchen Quellen vertrauen Sie?
Amnesty international und dem Institut für Afrikakunde in Hamburg. Beide sagen, daß in Togo nach wie vor eine Situation absoluter Willkür herrscht.
Wie konkret wäre die Gefahr für Bremens Togoer im Falle einer Rückführung?
Etliche derjenigen, denen 1994 in Bremen vorübergehendes Bleiberecht zuerkannt wurde, waren zuvor ausgesprochen politisch aktiv gewesen. Sie haben Bremen zu einem Zentrum der Opposition im Exil gemacht. Jeder Togoer, der aus Bremen zurückgeschickt wird, muß mit dem Schlimmsten rechnen.
Wie fühlen sich Ihre Mandanten vor Verhandlungsbeginn?
Verunsichert. Vor allem verstehen sie die deutsche Föderaljustiz nicht. Viele haben Verwandte, die von den Bundesbehörden zunächst in andere Bundesländer umgesiedelt wurden. Einige der Verwaltungsgerichte erkennen sie - teils ohne Verhandlung - als Bewerber an. Fragen: A.Mielisch
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