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Koalitionsgespräch wächst sich zur Krisensitzung aus

■ Keine Einigung in der „Elefantenrunde“ über Verfahren zur Senkung des Solidaritätszuschlags. Streit in der FDP über Drohungen von Jürgen Möllemann

Bonn (ap/rtr/taz) – Der Streit um die Senkung des Solidaritätszuschlags nimmt allmählich absurde Züge an. Während sich gestern die Spitzen der Bonner Koalitionsparteien in ihrer turnusmäßigen „Elefantenrunde“ nicht über einen Kompromiß beim Solidarzuschlag einigen konnten, veröffentlichte zur selben Stunde das Magazin Stern ein Interview mit Finanzminister Theo Waigel (CSU), in dem dieser sehr deutlich ein Einlenken signalisiert.

Zur Forderung der FDP, noch vor Verabschiedung des Haushalts 1997 den Abbau des Zuschlags 1998 um zwei Prozentpunkte festzulegen, sagte Waigel, er wolle dies nicht ausschließen. Die Senkung des Solidarzuschlags müsse sich aber einpassen in die Finanzplanung und dürfe nicht mit einer Erhöhung der Neuverschuldung 1998 verbunden sein. „Nicht nur die FDP ist eine Steuersenkungspartei, auch wir sind es“, sagte er. Noch 24 Stunden zuvor hatte die CDU eine Festlegung im Sinne der FDP strikt abgelehnt. Nach drei Stunden ergebnislosem Verhandeln über den Solidarzuschlag wurde die Elefantenrunde gestern bis zum Abend unterbrochen. Aus Regierungskreisen hieß es, daß es vor der für Ende der Woche erwarteten Steuerschätzung auch keine Festlegung des Verfahrens für den Solidarzuschlag geben werde. Dennoch ließ ein Teilnehmer verlauten, man befinde sich auf „einem guten Weg“, die Probleme zu lösen.

Thema in der Kanzlerrunde waren auch die Spekulationen über eine Kabinettsumbildung. Dazu hatte Waigel dem Stern vorab erklärt, daß er für den Fall eines Ämtertauschs mit der FDP im Kabinett sich „schon interessante Aufgaben“ vorstellen könne. Allerdings gebe es nur wenige Positionen, die für ihn reizvoll seien. Bundeskanzler wolle er nicht werden.

Der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos hatte einen Ressorttausch vorgeschlagen, bei dem die FDP das Finanz- und die CSU das Außenministerium erhalten würde. Innerhalb der FDP ging der Streit um die Drohung des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Jürgen Möllemann weiter. Er hatte erklärt, wenn sich die Unionsparteien nicht zur umgehenden gesetzlichen Regelung bereitfänden, den Zuschlag zum 1. Januar 1998 um zwei Prozentpunkte zu senken, würden die zwölf nordrhein-westfälischen FDP-Bundestagsabgeordneten dem Haushalt 1997 nicht zustimmen. Dagegen sagte einer der zwölf, der Abgeordnete Paul Friedhoff, diese Äußerungen seien weder mit ihm noch mit der Landesgruppe abgestimmt, „der Sache nicht dienlich und erschweren die Verhandlungspositionen der FDP“.

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