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Es stinkt zum Himmel

■ Bürgerschaftsdebatte: Müllgebühren außer Kontrolle, aber ohne 97er Erhöhung

Erstaunlicherweise fehlte Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) gestern bei seinem Lieblingsthema: Müll. Das Desinteresse des Senatschefs an der Debatte in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft mag daran gelegen haben, daß es gestern nicht um Sauberkeit im allgemeinen, sondern um die Gebührengerechtigkeit der Stadtreinigung ging.

Ausgerechnet die sozialschwachen St. Paulianer, klagte die CDU, müßten für die Beseitigung des Touristen- und Besuchermülls mit ihren Gebühren bezahlen. Schlimmer noch, lamentierte CDUler Michael Freytag, das Preisleistungsverhältnis stimme hinten und vorne nicht. Das sei doch jenseits aller betriebswirtschaftlichen Vernunft und bürgerfreundlichen Politik. Der Stadtreinigungs-Werbespruch, „Für Sauberkeit gehe ich meilenweit“, solle wohl bedeuten, daß Anspruch und Wirklichkeit meilenweit auseinanderliegen.

Derlei böse Oppositionsworte veranlaßten Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) zu einem kleinen kolerischen Anfall. „Sie wollen doch nur privatisieren“, schrie er die CDU an. Dreckig sei es nur dort, wo Private selbst zuständig seien. Die Stadtreinigung habe ein „effektives Kostensystem“ und erhebe im Städtevergleich niedrige Wegereinigungsgebühren. Und, versprach Vahrenholt feierlich, es werde 1997 „null Prozent Gebührenerhöhung geben“.

Das stinke trotzdem zum Himmel, tadelte GALierin Antje Möller. Die „unzulässige Belastung armer Stadtteile“ sei nicht hinnehmbar, gab die Grüne der CDU recht. Dennoch: „Eine Sauberkeitskampagne werden wir nicht mitmachen.“

Diese gallische Einstellung bringt derweil die Statt Partei auf die Palme. Mit der grünen Duldung von Graffitis und anderem leiste die GAL „geistige Beihilfe zu schwerer Sachbeschädigung“, meinte Dieter Obermeier. Das brachte die grüne Fraktion nicht nur zum Lachen, sondern Stattianer Obermeier auch zu dem Bekenntnis: „Ich bin ein Normalo.“ Silke Mertins

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