: AKW meldet sich zurück
■ Ministerium schickt Reaktor in Krümmel ganz schnell wieder ans Netz
Hier Erleichterung, dort Frust. Nachdem das Schleswiger Oberverwaltungsgericht die Wiederanfahrt des Krümmeler Atommeilers trotz laufender Klage gegen den Einsatz bestimmter Brennelemente genehmigte (siehe S.1), waren die Reaktionen absehbar: die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) jubilierten, die Atom-Gegner schmollten und schimpften und das Kieler Energieministerium gab grünes Licht für ein Krümmel-Comeback.
Dort hat sich mittlerweile eine perfekte Arbeitsteilung zwischen Energieminister Claus Möller (SPD) und seinem Staatssekretär Wilfried Voigt (Grüne) eingespielt. Während das Gespann Entscheidungen, die den Krümmel-Betreibern unangenehm sind, stets im Duett kommentiert, muß Möller bei atomfreundlichen Sachverhalten stets allein ran. So auch gestern. Der Minister verkündete, daß seine Behörde kurz nach dem Urteil die Wiederanfahrgenehmigung erteilt habe – unter der Voraussetzung, daß es zu weiteren Prüfungen des Reaktorbehälters komme.
Die HEW nahmen die Ministerworte „mit Genugtuung“ zur Kenntnis. Damit sei richterlich bestätigt, daß Krümmel als Ursache für die Leukämiefälle in der Elbmarsch ausscheide.
Obwohl das Gericht nur der Einschätzung des Energieministeriums folgte, wonach der Betrieb von Krümmel keine akuten Risiken mit sich bringt, sieht die grüne Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag, Irene Fröhlich, in dem Urteil einen „Rückschlag für die Atomausstiegs-politik dieser Landesregierung“.
Die Hamburger GAL hingegen kann diese Ausstiegspolitik nicht erkennen und bewertet die „Rolle des Energieministeriums“ in dem Verfahren als „enttäuschend“. Der „Verdacht, daß Krümmel illegal betrieben“ werde, sei „noch nicht vom Tisch“, betonte GAL-Bürgerschaftler Holger Matthews. Für Eugen Prinz von der „BI gegen Leukämie in der Elbmarsch“ ist die ministerielle Wiederanfahrgenehmigung trotz des Gerichtsbeschlusses „unverantwortlich“. In Anspielung auf die Mängel beim Druckbehälter-Stahl wies er darauf hin, daß „niemand in ein Auto steige, dessen Hersteller nicht fähig“ seien, die „vom TÜV geforderte Qualität zu liefern“. Bei Atommeilern sei das „offensichtlich anders“.
Marco Carini
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