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Menschenunwürdige Container?

Langes Warten auf neuen Drob-Inn-Standort Automuseum am Hauptbahnhof: Bezirk Mitte hat plötzlich Probleme mit schnellem Abriß  ■ Von Silke Mertins

Eine schnelle Lösung für die drängenden Probleme am Hauptbahnhof ist wieder in weite Ferne gerückt. Denn plötzlich hat der Bezirk Mitte Bedenken, das marode Gebäude des ehemaligen Automuseums abzureißen. Anstelle des Museums sollten ursprünglich Container aufgestellt werden, um der Drogenhilfeeinrichtung Drob Inn neue und großzügigere Räumlichkeiten zu verschaffen. Endlich ein Druckraum für die Junkie-Szene am Hauptbahnhof, endlich genügend Platz für die Drogenarbeit.

Baudezernent Peter Gero sind jedoch stadtplanerische Zweifel gekommen. Der Abriß eines Gebäudes, so hat er festgestellt, sei „immer ein Eingriff“, den man nicht rückgängig machen könne. Daher solle noch einmal geprüft werden, welche anderen Möglichkeiten offenstünden. Natürlich spiele auch Geld eine Rolle. Allerdings müsse man doch nicht gleich „alle Schwämme dieser Erde beseitigen“, um das Automuseum für die Drogenhilfe nutzbar zu machen. Container seien zudem nicht unbedingt die billigste Variante.

Daß solche Container gegebenenfalls auch mit einer Fachwerkverkleidung oder ähnlichem verziert werden können, müßte auch dem Bezirk Mitte bekannt sein. Auf diese Möglichkeit hatte schon die Eigentümerin des Automuseums, die Sprinkenhof AG, hingewiesen, als sie den Abriß des Gebäudes vorschlug (die taz berichtete). Eine Sanierung des alten Gebäudes, so hieß es, sei aus Kostengründen kaum zu rechtfertigen. Immerhin liegt das Museum auf der geplanten Transrapid-Strecke und müsse in zehn Jahren ohnehin weichen.

Auch die Sozialbehörde lehnt große Investitionen für einen befristeten Drogenhilfe-Standort ab. Ein Streit zwischen Behörde und Drob Inn um die Höhe der Umbausumme verzögerte monatelang die Umsetzung der seit langem beschlossenen Maßnahme zur Entlastung der Bahnhofsszene. Mehr als 2,1 Millionen wollte die Stadt nicht investieren; den Betreibern war das zu wenig. Mit der schnellen Container-Lösung freundeten sich inzwischen alle Beteiligten an.

Bis die stadtplanerischen Bedenken kamen. Baudezernent Gero könnte sich nun einen Runden Tisch vorstellen, um eine Lösung zu finden. Immerhin seien Container ja auch unter dem Aspekt der „Menschenwürde“ bedenklich. Gero wörtlich: Drogenhelfer und Junkies darin unterzubringen, „stört mich“.

Der Drogenbeauftragte Horst Bossong springt angesichts dieses Problembewußtseins fassungslos im Dreieck. „Das ist alles bereits hinlänglich abgewogen worden“, erinnert er, „die Diskussion kann bei einer so dringlichen Sache doch nicht endlos dauern.“ Das Gebäude des ehemaligen Automuseums sei weiß Gott keine Kostbarkeit. Der Baudezernent solle sich mal überlegen, ob „unter menschenwürdigen Gesichtspunkten der Zustand am Hauptbahnhof haltbar sei.“

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