piwik no script img

Keine Jungensache

Berufsorientierung für Schülerinnen soll Mädchen helfen, neue Fähigkeiten zu entdecken  ■ Von Christine Andersen

Vorsichtig setzt Sara Bruhn den Zirkel an und markiert langsam einen Kreis auf der Kupferplatte. Konzentriert lauscht sie den Anweisungen ihrer Betreuerin, preßt die Lippen zusammen und schneidet das Metallstück zurecht. Die 13jährige Schülerin gehört zu den 65 Mädchen, die in den vergangenen zwei Tagen während der Berufsfindungsaktionstage im Mädchenzentrum Eimsbüttel verschiedene Berufe kennengelernt haben.

Zum dritten Mal bot das Mädchenzentrum Schülerinnen die Möglichkeit, in verschiedene Berufsbereiche hineinzuschnuppern und praktisch zu arbeiten.

Zu den vorgestellten Bereichen zählten sowohl Erziehung und Gesundheit, als auch bisher überwiegend von Jungen angestrebte Berufsfelder wie Metall und Elektro. „Gestern habe ich eine Dreiersteckdose gebaut“, erzählt Sara.

„Ursprünglich wollten die Mädchen alle zu den Fotokursen“, erläutert Birgit Bode von der „Schnupperlehre“, einem Projekt der Stiftung Berufliche Bildung, die die Aktionstage im Mädchenzentrum unterstützt. Wer aber einmal in die handwerklichen Kurse wie Elektro- oder Metallarbeiten hineingeschnuppert habe, entscheide sich oft um.

Gerade wegen dieser Vorurteile sind mädchenbezogene Infoveranstaltungen wichtig. „Von etwa 380 möglichen Ausbildungsberufen wählen 80 Prozent der Berufseinsteigerinnen nur zwanzig Berufe aus“, beklagt die Sozialpädagogin Christina Bergt. Ende Februar beispielsweise findet die sogenannte Mädchenwirtschaft statt. Dort werden in Form einer Berufsralley für Frauen bisher ungewöhnliche Berufe vorgestellt.

Also von jetzt an Sturm auf die Männerdomänen? Bergt schüttelt den Kopf: „Uns geht es nicht darum, Massen an Automechanikerinnen auszubilden, sondern wir wollen den Mädchen die Möglichkeit bieten, neue Fähigkeiten zu entdecken, zum Beispiel im handwerklichen Bereich.

Für Mädchen und Jungen gemeinsam bietet das Arbeitsamt in Kooperation mit den Schulen viele Möglichkeiten, den Traumberuf zu finden. Neben Informationsmaterial, das in den Schulen ausliegt, hat jede Schule BerufsberaterInnen. Auch das Berufsinformationszentrum (BIZ) des Arbeitsamtes lädt regelmäßig SchülerInnen zu sich ein.

Außerdem haben die Jugendlichen in der Regel während eines Praktikums in der achten oder neunten Klasse Einblick in einen Betrieb ihrer Wahl. „Im Juni machen wir unser Praktikum,“ erzählt Sara, „ich möchte gerne etwas mit Tieren machen, also 'was ganz anderes als hier.“

Sie hat inzwischen den Metallkreis ausgeschnitten. In gleichmäßiger Bewegung feilt sie den Rand stumpf, eine Haarsträhne wippt im Takt. Das Arbeitsamt will die Teilnehmerinnen der Mädchentage in zwei Wochen fragen, ob sich ihre Berufswünsche geändert haben. Eins ist schon jetzt klar: „Es war witzig hier“, lacht Sara und erntet dafür beifälliges Nicken der anderen. „Außerdem war es schön, mal ganz unter Mädels zu sein.“ Mit voller Kraft schlägt sie den Hammer auf das Metall. Es verändert sich langsam, aber sicher.

InteressentInnen für berufliche Orientierungsmöglichkeiten speziell für Mädchen wenden sich an das Mädchenzentrum Eimsbüttel 42 1 2 7 73, an Zahnrad e.V. % 651  10  13, an die Schnupperwerkstatt % 21 1 1 2 1 48 oder an das jeweilige Bezirks-Arbeitsamt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen