: Alles kompatibel
■ "Deckname Strack": Eine aus 40 (!) Filmen geschickt montierte Hommage an den Schauspieler (So., 22.45 Uhr, ZDF)
Natürlich ist es zunächst einmal ein Spaß. Läßt sich wirklich ein Film mit dem großen TV- Star Günter Strack drehen, ohne dafür einen einzigen Meter Zelluloid zu belichten, eine einzige Mark Gage zu zahlen, einen einzigen Scheinwerfer zu setzen?
„Nehmen Se reichlich, ist ja genug da!“ könnte der Schlemmer Strack da geantwortet und auf seine stattliche Filmographie verwiesen haben – und Carl-Ludwig Rettinger hätte ihn dann beim Wort und die Filmrollen unter den Arm genommen. So könnte es gewesen sein.
Aus zwölf Fernsehspielen, einem Spielfilm, 26 Serienfolgen und einer TV-Show ist „Deckname Strack“ gemacht. 51 Minuten lang betreibt Regisseur Rettinger das Vexierspiel mit der medialen Wirklichkeit des Fernsehens. Denn unter Zuhilfenahme eines kleinen Tricks erzählt er anhand des Archivmaterials tatsächlich eine ganz neue, ganz eigene Agentengeschichte, nämlich die über einen Stasispitzel mit dem Decknamen Strack, der unaufhörlich seine Namen und Identitäten, seine Wohnorte und Berufungen wechselt.
Zugegeben: Ohne den Ich-Erzähler Josef Matula, der angeblich seinen verschwundenen Partner Dr. Renz wieder aufspüren will – und ohne den Glücksfall, daß Strack in jungen (und schlankeren Tagen) in Hitchcocks „Zerissenem Vorhang“ einen Stasi-Zuträger gespielt hatte – ohne diese beiden dramaturgischen Voraussetzungen wäre der ganze Film wohl kaum ansehnlich und auch nicht verständlich. Aber darum geht es ja auch gar nicht.
Letztlich ist „Deckname Strack“ eine sehr liebevolle Würdigung der professionellen Serienschauspielerei. Denn mit jedem hätte Rettinger sich den Spaß nicht erlauben können. Geschickt wählte er aus dem üppigen Material vor allem jene Szenen aus, die über den eigentlichen Plot noch eine emotionale Bedeutung in sich tragen.
Strack ist in jeder Sequenz, in jeder Rolle, in jedem Kostüm immer „voll da“. Ob nun als Chef einer Baufirma in Dieter Wedels „Einmal im Leben“ oder als depperter Onkel Ludwig an der Seite von Drombusch-Vera Witta Pohl. Er gibt den Dr. Renz in „Ein Fall für zwei“ nicht viel anders als den herzkranken Patienten in der „Schwarzwaldklinik“. Aber die entscheidenden kleinen, eigenen Nuancen kann er seinen Rollen dann doch immer abgewinnen.
In der Kompilation dieser recht langen Filmographie werden die Höhen und Tiefen der Schauspielkunst im Zeitalter der seriellen Reproduzierbarkeit erst so richtig transparent: Eigentlich paßt da wirklich alles zu allem. Die Ästhetik der Fernsehproduktionen (vor allem von Stracks Haussender ZDF) variiert bestenfalls in den Zehnjahreszyklen neuer Moden. Die Dramaturgie scheint die Dialoge mit einem Schreibcomputer zu vervielfältigen, und das Personal ist so überschaubar, daß Witta Pohl tatsächlich mit zwei verschiedenen Rollen in „Deckname Strack“ auftauchen kann.
In gewisser Weise läßt sich in den 51 Minuten auch ablesen, wie sich der wahre Günter Strack von den anspruchsvollen Fernsehspielen und Mehrteilern der 60er und 70er Jahren langsam heruntergearbeitet hat zu den gutbezahlten Serien, die ihn – Ironie des Schicksals! – erst richtig berühmt gemacht haben. Nun ist er „Der König“ von Sat.1 geworden und verleiht der Dutzendware den Segen des Handwerks.
„Hut ab vor eurem Werk“, soll er Rettinger und seiner Crew übermittelt haben. „Habe es mit großem Vergnügen gesehen.“ Geschmack hat er ja, der Strack. Klaudia Brunst
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